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Glanzpartien unbekannter Spieler (42): Sieg mit Colle-System

Vabanque - 04. Nov '24
Es ist wahrscheinlich das erste Mal, dass ein 'unbekannter' Spieler in dieser Reihe zum zweiten Mal auftaucht. Aber dies ist jetzt beim tschechischen IM Trapl der Fall, der hier schon einmal mit einer Partie, die er als 19-jähriger spielte, vertreten war:
/forum/thread.html?key=3b4e4933b198433f
Nun haben wir es mit einem viel späteren Erfolg von ihm zu tun; in der tschechischen Meisterschaft 2001 spielte er (als 60jähriger) gegen GM Plachetka gleich in der 1. Runde eine Partie, die durchaus als Modell des Angriffs gegen eine aufgerissene Rochadestellung gelten kann. Es lohnt sich, die weißen Angriffsmotive genau zu studieren und auch die (nicht sehr komplizierten, aber hübschen und lehrreichen) Varianten nachzuspielen, die alternativ auch aufs Brett hätten kommen können.
Gleichzeitig demonstriert die Partie auch die Kraft des Colle-Systems in der Hand eines Könners; man sieht, wie umsichtig Schwarz gegen diese Eröffnung agieren muss:

Jindrich Trapl Jan Plachetka CZE-chT 0102 | Czechia | 1 | 2001 | D05 | 1:0
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
1. d4 Sf6 2. Sf3 e6 3. e3 d5 4. Sbd2 c5 5. c3 Sbd7 6. Ld3 Ld6?! Sicher noch kein Fehler, aber es zeigt sich im Colle-System häufig, dass der Läufer auf diesem Feld nicht gut steht, wenn Weiß e3-e4 durchgesetzt hat (und ich schreibe hier auch aus eigener spielpraktischer Erfahrung!). Vorsichtiger ist die bescheidene Entwicklung des Läufers nach e7. Auch b6 scheint gut zu sein. 7. O-O O-O 8. Te1 Dc7?! Nach diesem scheinbar 'natürlichen' Zug gewinnt der weiße Vorstoß e4 an Kraft. 9. e4 xd4 10. xd4 Diese Stellung hatte ich auch schon mal in einer chessmail-Partie auf dem Brett. xe4
Ich habe hier e5 versucht, und es ging weiter mit 11. xd5 xd4 12. Se4 (wieder steht der Läufer auf d6 nicht besonders) Sxd5 13. Sxd6 Dxd6 , und nun startete mein Gegner mit 14. Sg5?! einen verfrühten Ausfall, der ihm nichts einbrachte, auch wenn er die Partie später durch einen Fehler von mir gewann. ( S7f6 und Schwarz steht zufriedenstellend.)
11. Sxe4 b6
Lb4!? war aktiver und interessanter. Nach 12. Ld2 könnte Schwarz seinen Unglücksläufer tauschen: Lxd2 13. Dxd2 Sd5
12. Lg5 Lb7? Erst das ist ein wirklicher Fehler. Schwarz lässt sich die Königsstellung aufreißen, was ihn teuer zu stehen kommen wird. Offenbar hat GM Plachetka die Gefahr unterschätzt, merkwürdig eigentlich bei so einem erfahrenen Spieler.
Einen Rückzug wie Le7 macht man natürlich sehr ungern, und die schwarze Stellung nach 13. Tc1 Dd8 ist auch sehr passiv, aber es war die einzige Möglichkeit für Schwarz, die Partie zu halten.
13. Tc1! Vor der Aufreißung des schwarzen Königsflügels nimmt Weiß noch dieses Entwicklungstempo mit. Es wird später wichtig sein, dass dieser Turm gelegentlich über c3 eingreifen kann. Db8 14. Lxf6 Sxf6 15. Sxf6+ xf6 16. Se5! Dieser Zug macht der weißen Dame den Weg nach h5 oder g4 frei. Noch stärker war das sofortige Läuferopfer auf h7 (gefolgt von Se5), das nun aber auch droht (nebst Dh5+ und dem typischen Aufrücken des Te1 auf die 3. Reihe). f5 Schwarz sperrt - als einzige Verteidigungsmöglichkeit! - die Diagonale des Ld3 nach h7.
Der Springer ist tabu: xe5 (das Nehmen mit dem Läufer hat ähnliche Folgen) 17. Lxh7+ Kxh7
Kg7 18. Dg4+ Kh8
Kf6 19. Dh4+ Kg7 20. Dg5+
19. Te3
18. Dh5+ Kg7 19. Dg5+ Kh7 20. Te3 (oder Tc3), und Schwarz kann das Matt auf h3 nur noch verzögern.
17. Dh5 Natürlich droht jetzt wieder das Aufrücken des Te1 nach e3. Lxe5 Ein Feind wird durch Abtausch beseitigt, aber es reicht nicht aus. 18. Txe5! Das Schlagen mit dem Bauern wäre zu langsam; Schwarz könnte sich noch mit Kh8 nebst Tg8 verteidigen. Dd8 19. Txf5!! Tatsächlich der einzige Gewinnzug (der natürlich auch auf Kh8 gekommen wäre). Die durch f5 gesperrte Diagonale des Läufers d3 wird gewaltsam freigelegt. Die Ablehnung des Opfers ist wegen den Drohungen Tg5+ und Tf6 nicht möglich. xf5 20. Lxf5 Es droht schlicht Dh7#. Das Turmopfer funktioniert deswegen, weil Weiß noch den einsatzbereiten Tc1 in Reserve hat, der nicht nur nach e1, sondern ggf. auch über c3 nach g3 oder h3 gelangen kann. Gleich wird man sehen, wie wichtig der 13. Zug von Weiß war. Kg7 Das Einzige, um nicht ganz schnell matt zu werden.
Te8 21. Dxh7+ Kf8 22. Dh6+! (Viel stärker als Dh8+, der Weg 'ab durch die Mitte' wird nicht zugelassen!) Kg8
Ke7 23. Te1+ nebst Matt!
23. Lh7+ Kh8 24. Lg6+ und Matt in weiteren 2 Zügen durch Dh7+ und Dxf7#, eine typische Mattführung, die man sich gut merken sollte.
21. Tc3 Der erwähnte Einsatz des letzten Turms, ohne den Weiß nicht über Remis hinauskäme. Es droht Tg3+ nebst Dg5# oder Dxh7#. Tg8 Wieder das Einzige.
h6 22. Tg3+ Kf6 23. Tg6+! führt zum Matt in weiteren 2 Zügen: xg6
Ke7 24. De2+ nebst Matt!
24. Dxg6+ Ke7 25. De6# mit den letzten beiden weißen Figuren!
22. Tg3+ Kf6 Die letzte Hoffnung. Schwarz hat ja immerhin noch einen Mehrturm.
Kf8 23. Dh6+ Ke7
Ke8 24. Txg8+
24. Te3+
23. Lxh7! Weiß trifft wieder das Stärkste! Dieser 'unscheinbare' Zug droht De5#, so dass Schwarz insbesondere jetzt nicht Txg3 antworten kann; aber zugleich hängt sein Tg8. Dxd4 Beseitigt die Mattdrohung.
Aber hätte Schwarz denn nicht mit Te8 beide Drohungen (die Mattdrohung auf e5 und die Bedrohung seines Turms) zugleich abwehren können? Nein, es wäre gefolgt: 24. Dg5+ Ke6 25. De5+ Kd7 26. Lf5+ Te6
Kc6 27. Tc3# , wieder dieser agile Turm auf der 3. Reihe!
27. Lxe6+ xe6 28. Tg7+ Kc8
Kc6 29. Dxe6+ Kb5 30. Txb7 Dxd4 31. g3 (gegen die schwarze Mattdrohung) mit gewaltigem Materialübergewicht.
29. Dxe6+ Kb8 30. Tg8 mit Damengewinn
Und wenn Schwarz versucht hätte, mit Dc7 zugleich die Mattdrohung auf e5 abzuwehren und selbst auf c1 Matt zu drohen, hätte Weiß am einfachsten mit 24. De5+ Dxe5 25. xe5+ Kxe5 26. Txg8 in ein leicht gewonnenes Endspiel abgewickelt.
24. Lxg8 Nun deckt die weiße Dame das schwarze Grundreihenmatt und droht u.a. Dh8+ mit Damengewinn (was auch auf Dxb2 erfolgen würde). Df4 Vermeidet den sofortigen Damenverlust und droht Matt auf c1. Jeder andere schwarze Zug hätte aber auch entweder Matt oder Damenverlust oder mindestens ein total verlorenes Endspiel zur Folge gehabt, z.B.
Dd7 (rettet scheinbar die Dame und deckt f7) 25. Dg5+ Ke6 26. Te3+ Kd6 27. De5+ Kc6 28. Tc3#
25. Dxf7+
25. Dxf7+ Ke5 und nun würde bereits der Damentausch leicht gewinnen; stärker wäre aber 26. De6+ Kd4 27. Tg4 mit Damengewinn und baldigem Matt. Schwarz gab auf. Ganz hübsch wäre noch Dxg4 28. De3#
PGN anzeigen[Event "CZE-chT 0102"]
[Site "Czechia"]
[Date "2001.??.??"]
[Round "1"]
[White "Jindrich Trapl"]
[Black "Jan Plachetka"]
[Result "1-0"]
[WhiteElo "?"]
[BlackElo "?"]
[ECO "D05"]

1. d4 Nf6 2. Nf3 e6 3. e3 d5 4. Nbd2 c5 5. c3 Nbd7 6. Bd3 Bd6 $6 {Sicher noch
kein Fehler, aber es zeigt sich im Colle-System häufig, dass der Läufer auf
diesem Feld nicht gut steht, wenn Weiß e3-e4 durchgesetzt hat (und ich schreibe
hier auch aus eigener spielpraktischer Erfahrung!). Vorsichtiger ist
die bescheidene Entwicklung des Läufers nach e7. Auch b6 scheint gut zu sein.}
7. O-O O-O 8. Re1 Qc7 $6 {Nach diesem scheinbar 'natürlichen' Zug gewinnt der
weiße Vorstoß e4 an Kraft.} 9. e4 cxd4 10. cxd4 {Diese Stellung hatte ich auch
schon mal in einer chessmail-Partie auf dem Brett.} 10... dxe4 ( {Ich habe
hier} 10... e5 {versucht, und es ging weiter mit } 11. exd5 exd4 12. Ne4
{(wieder steht der Läufer auf d6 nicht besonders)} 12... Nxd5 13. Nxd6 Qxd6 {,
und nun startete mein Gegner mit} 14. Ng5 $6 {einen verfrühten Ausfall, der ihm
nichts einbrachte, auch wenn er die Partie später durch einen Fehler von mir
gewann. (} 14... N7f6 {und Schwarz steht zufriedenstellend.)} ) 11. Nxe4 b6 (
11... Bb4 $5 {war aktiver und interessanter. Nach} 12. Bd2 {könnte Schwarz
seinen Unglücksläufer tauschen: } 12... Bxd2 13. Qxd2 Nd5) 12. Bg5 Bb7 $2 {Erst
das ist ein wirklicher Fehler. Schwarz lässt sich die Königsstellung aufreißen,
was ihn teuer zu stehen kommen wird. Offenbar hat GM Plachetka die Gefahr
unterschätzt, merkwürdig eigentlich bei so einem erfahrenen Spieler.} ( {Einen
Rückzug wie} 12... Be7 {macht man natürlich sehr ungern, und die schwarze
Stellung nach} 13. Rc1 Qd8 {ist auch sehr passiv, aber es war die einzige
Möglichkeit für Schwarz, die Partie zu halten.} ) 13. Rc1 $1 {Vor der
Aufreißung des schwarzen Königsflügels nimmt Weiß noch dieses Entwicklungstempo
mit. Es wird später wichtig sein, dass dieser Turm gelegentlich über c3
eingreifen kann.} 13... Qb8 14. Bxf6 Nxf6 15. Nxf6+ gxf6 16. Ne5 $1 {Dieser Zug
macht der weißen Dame den Weg nach h5 oder g4 frei. Noch stärker war das
sofortige Läuferopfer auf h7 (gefolgt von Se5), das nun aber auch droht (nebst
Dh5+ und dem typischen Aufrücken des Te1 auf die 3. Reihe).} 16... f5 {Schwarz
sperrt - als einzige Verteidigungsmöglichkeit! - die Diagonale des Ld3 nach h7.}
( {Der Springer ist tabu:} 16... fxe5 {(das Nehmen mit dem Läufer hat ähnliche
Folgen)} 17. Bxh7+ Kxh7 (17... Kg7 18. Qg4+ Kh8 (18... Kf6 19. Qh4+ Kg7 20.
Qg5+) 19. Re3) 18. Qh5+ Kg7 19. Qg5+ Kh7 20. Re3 {(oder Tc3), und Schwarz kann
das Matt auf h3 nur noch verzögern.} ) 17. Qh5 {Natürlich droht jetzt wieder
das Aufrücken des Te1 nach e3.} 17... Bxe5 {Ein Feind wird durch Abtausch
beseitigt, aber es reicht nicht aus.} 18. Rxe5 $1 {Das Schlagen mit dem Bauern
wäre zu langsam; Schwarz könnte sich noch mit Kh8 nebst Tg8 verteidigen.} 18...
Qd8 19. Rxf5 $3 {Tatsächlich der einzige Gewinnzug (der natürlich auch auf Kh8
gekommen wäre). Die durch f5 gesperrte Diagonale des Läufers d3 wird gewaltsam
freigelegt. Die Ablehnung des Opfers ist wegen den Drohungen Tg5+ und Tf6 nicht
möglich.} 19... exf5 20. Bxf5 {Es droht schlicht Dh7#. Das Turmopfer
funktioniert deswegen, weil Weiß noch den einsatzbereiten Tc1 in Reserve hat,
der nicht nur nach e1, sondern ggf. auch über c3 nach g3 oder h3 gelangen kann.
Gleich wird man sehen, wie wichtig der 13. Zug von Weiß war.} 20... Kg7 {Das
Einzige, um nicht ganz schnell matt zu werden.} (20... Re8 21. Qxh7+ Kf8 22.
Qh6+ $1 {(Viel stärker als Dh8+, der Weg 'ab durch die Mitte' wird nicht
zugelassen!)} 22... Kg8 (22... Ke7 23. Re1+ {nebst Matt!} ) 23. Bh7+ Kh8 24.
Bg6+ {und Matt in weiteren 2 Zügen durch Dh7+ und Dxf7#, eine typische
Mattführung, die man sich gut merken sollte.} ) 21. Rc3 {Der erwähnte Einsatz des letzten Turms, ohne den Weiß
nicht über Remis hinauskäme. Es droht Tg3+ nebst Dg5# oder Dxh7#.} 21... Rg8
{Wieder das Einzige.} (21... h6 22. Rg3+ Kf6 23. Rg6+ $1 {führt zum Matt in
weiteren 2 Zügen: } 23... fxg6 (23... Ke7 24. Qe2+ {nebst Matt!} ) 24. Qxg6+
Ke7 25. Qe6# {mit den letzten beiden weißen Figuren!} ) 22. Rg3+ Kf6 {Die
letzte Hoffnung. Schwarz hat ja immerhin noch einen Mehrturm.} (22... Kf8 23.
Qh6+ Ke7 (23... Ke8 24. Rxg8+) 24. Re3+) 23. Bxh7 $1 {Weiß trifft wieder das
Stärkste! Dieser 'unscheinbare' Zug droht De5#, so dass Schwarz insbesondere
jetzt nicht Txg3 antworten kann; aber zugleich hängt sein Tg8.} 23... Qxd4 {
Beseitigt die Mattdrohung.} ( {Aber hätte Schwarz denn nicht mit} 23... Re8
{beide Drohungen (die Mattdrohung auf e5 und die Bedrohung seines Turms)
zugleich abwehren können? Nein, es wäre gefolgt: } 24. Qg5+ Ke6 25. Qe5+ Kd7
26. Bf5+ Re6 (26... Kc6 27. Rc3# {, wieder dieser agile Turm auf der 3. Reihe!}
) 27. Bxe6+ fxe6 28. Rg7+ Kc8 (28... Kc6 29. Qxe6+ Kb5 30. Rxb7 Qxd4 31. g3
{(gegen die schwarze Mattdrohung) mit gewaltigem Materialübergewicht.} ) 29.
Qxe6+ Kb8 30. Rg8 {mit Damengewinn} ) ( {Und wenn Schwarz versucht hätte, mit}
23... Qc7 {zugleich die Mattdrohung auf e5 abzuwehren und selbst auf c1 Matt zu
drohen, hätte Weiß am einfachsten mit} 24. Qe5+ Qxe5 25. dxe5+ Kxe5 26. Rxg8
{in ein leicht gewonnenes Endspiel abgewickelt.} ) 24. Bxg8 {Nun deckt die
weiße Dame das schwarze Grundreihenmatt und droht u.a. Dh8+ mit Damengewinn
(was auch auf Dxb2 erfolgen würde).} 24... Qf4 {Vermeidet den sofortigen
Damenverlust und droht Matt auf c1. Jeder andere schwarze Zug hätte aber auch
entweder Matt oder Damenverlust oder mindestens ein total verlorenes Endspiel
zur Folge gehabt, z.B.} (24... Qd7 {(rettet scheinbar die Dame und deckt f7)}
25. Qg5+ Ke6 26. Re3+ Kd6 27. Qe5+ Kc6 28. Rc3#) 25. Qxf7+ (25. Qxf7+ Ke5 {und
nun würde bereits der Damentausch leicht gewinnen; stärker wäre aber} 26. Qe6+
Kd4 27. Rg4 {mit Damengewinn und baldigem Matt. Schwarz gab auf. Ganz hübsch
wäre noch} 27... Qxg4 28. Qe3#) 1-0
Alapin2 - 04. Nov '24
Trapl unbekannt ??
Mir nicht ! Studenten-Mannschaftsweltmeister 1963 mit dem Tschechoslowakischen
Team.(Musste ich googeln).U.a.vor den Russen !
Die berühmte Partie Perez-Trapl habe ich leider nicht gefunden.
Bin auch der Meinung (Gedächtnis),daß es Partien von Schacholympiaden gibt.
Alapin2 - 04. Nov '24
Habe sie gefunden : War Trapl-Perez ,1961 Oberhausen.
Kommentar auf Instagram (keine Ahnung, wie ich da reingekommen bin) : Trapls Gem !!!
Vabanque - 04. Nov '24
Trapl-Perez, das ist doch genau die Partie, die ich oben schon verlinkt habe, und die ich damals hier kommentiert habe:

/forum/thread.html?key=3b4e4933b198433f