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Dawid Janowski - glänzende Kombination
Oli1970 - 25. Nov '23
Dawid Markelowitsch Janowski ist heute eher zu den vergessenen Größen
des historischen Schachs zu zählen. Der polnische Schachspieler galt zu
Beginn des 20. Jahrhunderts als einer der besten Angriffsspieler, seine
historische Wertungszahl wird mit 2776 ELO angegeben. Er hinterließ
schöne Angriffspartien mit brillanten Kombinationen, erlitt durch seinen
Stil aber auch vernichtende Niederlagen. In der Datenbank von
chessgames.com sind derzeit 391 Gewinn- und 291 Verlustpartien verzeichnet
- aber nur 177 Remis! Er spielte bedingungslos auf Gewinn, nicht nur beim
Schach, auch beim Bridge und Roulette.
Janowski zeigte sich als schlechter Verlierer, der am guten Spiel seiner
Gegner kein gutes Haar ließ oder Gründe fand, warum er trotz einer
Niederlage eigentlich als ohnehin besserer Spieler hätte gewinnen
müssen. Wie bei manch anderer Schachgröße muss man den Charakter des
Spielers nicht lieben, um sein Spiel bewundern zu können. Für die
nachfolgende Partie erhielt Janowski einen Schönheitspreis. Bei dem
Turnier wurde er Zweiter hinter einem überragenden Capablanca.
Drittplatzierter war Oscar Chajes, der Gegner in dieser Partie.































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des historischen Schachs zu zählen. Der polnische Schachspieler galt zu
Beginn des 20. Jahrhunderts als einer der besten Angriffsspieler, seine
historische Wertungszahl wird mit 2776 ELO angegeben. Er hinterließ
schöne Angriffspartien mit brillanten Kombinationen, erlitt durch seinen
Stil aber auch vernichtende Niederlagen. In der Datenbank von
chessgames.com sind derzeit 391 Gewinn- und 291 Verlustpartien verzeichnet
- aber nur 177 Remis! Er spielte bedingungslos auf Gewinn, nicht nur beim
Schach, auch beim Bridge und Roulette.
Janowski zeigte sich als schlechter Verlierer, der am guten Spiel seiner
Gegner kein gutes Haar ließ oder Gründe fand, warum er trotz einer
Niederlage eigentlich als ohnehin besserer Spieler hätte gewinnen
müssen. Wie bei manch anderer Schachgröße muss man den Charakter des
Spielers nicht lieben, um sein Spiel bewundern zu können. Für die
nachfolgende Partie erhielt Janowski einen Schönheitspreis. Bei dem
Turnier wurde er Zweiter hinter einem überragenden Capablanca.
Drittplatzierter war Oscar Chajes, der Gegner in dieser Partie.
Janowski, Dawid Chajes, Oscar New York Rice f | New York, NY USA | 1 | 1916 | D52 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 Sf6 2. Sf3 d5 3. c4 e6 Abgelehntes Damengambit. 4. Lg5 Le7 5. e3 Sbd7 6. Sc3 c6 7. Ld3 xc4 8. Lxc4 b5 9. Ld3 a6 10. O-O c5 11. Tc1 Lb7 12. De2 O-O 13. Tfd1 Db6 Kein echter Fehler, aber nicht optimal gespielt. 14. Se5 Der Springer ist stark positioniert. Es droht 15. Sxd7 Sxd7 16. Lxe7. Tfe8 15. xc5 Sxc5 16. Lxf6 Der Verteidiger wird entfernt, Janowski hat jedoch nicht direktes d7 im Sinn. Lxf6 17. Lxh7+! Das bekannte Läuferopfer. Vorteilhaft öffnet Janowski damit die d-Linie! Kxh7 18. Dh5+ Kg8 19. Dxf7+! Kh7??
Kh8 20. b4 Die Königsstellung ist zwar angeknackst, Weiß muss sich jedoch anderen Dingen widmen, da der Angriff dort nicht weiter geht. Dh5+ Kg8 und zurück Df7+ Kf8 ist zunächst nicht mehr als Dauerschach. Nach b2-b4 wird es brisant für Schwarz. Der Springer ist akut bedroht, Schwarz muss also geeignete Kompensation suchen.
20. Sd7! mit der doppelten Drohung Sxb6 und Sxf6. Sxd7 21. Txd7+− Lehrreich ist hier der einzige kleine Unterschied zur oben angegebenen Variante - die Position des schwarzen Königs, durch die Bg7 gefesselt wird! Lc6?? Ein grober, nicht gerade offensichtlicher, Fehler. Tatsächlich sieht eine Engine schon einen Mattweg. 22. Se4!! Janowski sah ihn offenbar auch und startet eine glänzende Kombination. Der Springer steht zwar ungedeckt, ist aber einfach nicht zu schlagen! Lxb2 23. Sg5+ Kh6 24. g4! Der Springer wird nicht gedeckt, es droht Dh5#! g6 25. h4 Th8 26. Dh7+! Ein sehr schöner Schluss! Die nachfolgende Variante ist lehrreich in Unterscheidung zur Spielfortsetzung. 20. Sd7 analog zur Partiefortsetzung führt hier zu einer ausgeglichenen Stellung. Sxd7 21. Txd7= Der leichte positionelle Vorteil, den Weiß hier hat, wird durch die Materialverteilung aufgewogen. Die nächsten Züge zeigen die Bedeutung des Königsfeldes für die Zugfolge. Lc6 Was sich in der Partiefortsetzung als Fehler erweisen wird, funktioniert hier bestens! 22. Se4?? Lxe4 23. Dh5+ Lh7
Lxe5 21. Dh5+ Bbxc5 wäre schwächer, da die Dame dann mehr Bewegungsraum erhielte. Kg8 22. Dxe5
Vabanque - 25. Nov '23
Diese Partie erhielt einen Schönheitspreis - in meinen Augen absolut hochverdient.👏
Aber wenn Schwarz im 21. Zug statt Lc6, wie in deinem Kommentar angegeben, das bessere Tf8 gespielt hätte, dann hätte doch Weiß Txb7 antworten können, und hätte 2 Mehrbauern behalten, denn schlägt dann Schwarz die weiße Dame, nimmt der Tb7 die schwarze Dame. Also wäre das auch keine Rettung für Schwarz gewesen.
Er hätte halt im 19. Zug mit dem König nicht nach h7 gehen dürfen ... aber das soll man am Brett in dieser Situation erkennen?🤔
Aber wenn Schwarz im 21. Zug statt Lc6, wie in deinem Kommentar angegeben, das bessere Tf8 gespielt hätte, dann hätte doch Weiß Txb7 antworten können, und hätte 2 Mehrbauern behalten, denn schlägt dann Schwarz die weiße Dame, nimmt der Tb7 die schwarze Dame. Also wäre das auch keine Rettung für Schwarz gewesen.
Er hätte halt im 19. Zug mit dem König nicht nach h7 gehen dürfen ... aber das soll man am Brett in dieser Situation erkennen?🤔
Alapin2 - 25. Nov '23
Na, Vabanque, da können wir 2 ja zufrieden sein : 2 tolle Gewinnpartien unserer Gurus
hier. Und sogar an einem Tag. 😁
hier. Und sogar an einem Tag. 😁
Oli1970 - 25. Nov '23
Ja, ich habe die Variante Dh5 dargestellt, weil dieser Zug in anderem Zusammenhang eine gute Fortsetzung war / ist. Ein Nachspielender soll m. E. die Unterschiede in den Stellungen sehen können; man kann so mitnehmen, dass gute Züge in der einen Fortsetzung schlechte Züge in einer anderen Fortsetzung sein können. In diesem Fall führt das Schachgebot zu einem Nachteil - es ist kein „beliebiger“ Zwischenzug. Der (ironisch gemeinte) Spruch, nie ein Schach auszulassen, ist nicht immer die beste Empfehlung. :-)
Vabanque - 25. Nov '23
Diese Partie ist natürlich in beiden Janowski-Büchern, die ich habe, drin ... sowohl in dem dicken gelben, nach dem ich mich benannt habe, als auch in noch einem anderen, nämlich von Cherniaev und Meynell.
Oli1970 - 25. Nov '23
Kommentiert? - Habe ich was Wesentliches übersehen?
Gibt es erwähnenswerte Anekdoten zu Janowski in dem Turnier?
Gibt es erwähnenswerte Anekdoten zu Janowski in dem Turnier?
Vabanque - 25. Nov '23
Ich schau nochmal, aber in dem Buch von Cherniaev war die Partie sehr spärlich kommentiert. In dem Buch von Ackermann recht ausführlich, aber ich glaube nicht, dass bei dir etwas Wesentliches fehlt, eher im Gegenteil: 19... Kh8! wird in beiden Büchern als der richtige Zug angegeben, aber es werden keine Varianten dazu ausgeführt.
Vabanque - 27. Nov '23
Lustigerweise wäre fast dieselbe Partie 1931 noch einmal vorgekommen, und zwar auf der Schacholympiade Prag zwischen Mikenas und Kashdan ,,, auch Kashdan spielte 19... Kh7, aber Mikenas fand den Gewinn nicht, und es kam zu Remis durch Dauerschach☹
Dies beweist, dass offenbar beide (mangels Internet😁) die Vorgängerpartie nicht kannten ... umso verblüffender ist aber die exakte Wiederholung der ersten 19 Züge!
Dies beweist, dass offenbar beide (mangels Internet😁) die Vorgängerpartie nicht kannten ... umso verblüffender ist aber die exakte Wiederholung der ersten 19 Züge!
Oli1970 - 27. Nov '23
Hm, die beiden waren einen ganzen Zug schneller, haben die Eröffnungsphase abweichend gespielt. Die fragliche Stellung ist identisch, aber drei Datenbanken sind sich einig, dass die Zugfolgen der Partien abweichen.
Natürlich ist das Erreichen der gleichen Stellung verblüffend genug, und ebenso finde ich es verblüffend, dass Mikenas die Partie nicht fortsetzen konnte oder wollte. Wie bist Du auf die Partie gestoßen? Ackermann?
Die Olympiade war gut besetzt, das Teilnehmerfeld ist ein kleines Who is who. Bei Olimpbase finden sich unten Hinweise auf bemerkenswerte Partien. olimpbase.org/1931/1931in.html
Auch Sultan Khan war mit dabei, Matisons hat Aljechin abgefertigt und Rubinstein hatte einen seiner letzten Auftritte vor dem Rückzug vom Turnierschach.
Natürlich ist das Erreichen der gleichen Stellung verblüffend genug, und ebenso finde ich es verblüffend, dass Mikenas die Partie nicht fortsetzen konnte oder wollte. Wie bist Du auf die Partie gestoßen? Ackermann?
Die Olympiade war gut besetzt, das Teilnehmerfeld ist ein kleines Who is who. Bei Olimpbase finden sich unten Hinweise auf bemerkenswerte Partien. olimpbase.org/1931/1931in.html
Auch Sultan Khan war mit dabei, Matisons hat Aljechin abgefertigt und Rubinstein hatte einen seiner letzten Auftritte vor dem Rückzug vom Turnierschach.
Vabanque - 27. Nov '23
Edited
>>Wie bist Du auf die Partie gestoßen? Ackermann?<<
Richtig, und ich habe wieder mal zu flüchtig gelesen, denn er schreibt tatsächlich nur, dass sich dort die gleiche Stellung ereignete, und nicht etwa, dass die ersten 19. Züge identisch gewesen wären. Er schreibt auch, dass die Partie durch Remis mit Dauerschach geendet hätte. Mikenas hat halt Sd7 nicht gefunden (hätten wir das am Brett gefunden?🤔). Ob die beiden Spieler dann wohl bei der Analyse den weißen Gewinn entdeckt haben?
Richtig, und ich habe wieder mal zu flüchtig gelesen, denn er schreibt tatsächlich nur, dass sich dort die gleiche Stellung ereignete, und nicht etwa, dass die ersten 19. Züge identisch gewesen wären. Er schreibt auch, dass die Partie durch Remis mit Dauerschach geendet hätte. Mikenas hat halt Sd7 nicht gefunden (hätten wir das am Brett gefunden?🤔). Ob die beiden Spieler dann wohl bei der Analyse den weißen Gewinn entdeckt haben?
Oli1970 - 27. Nov '23
Gute Frage! Im Nachhinein sieht Sd7 total logisch aus. Turm auf der 7. Reihe ist nie verkehrt, aber wie dann weiter, ohne ihn hängen zu lassen. Für uns / mich wäre das tiefere Rechnen das größere Problem als Sd7 grds. in Erwägung zu ziehen, nehme ich an. Man würde ihn vielleicht sehen und dann verwerfen.
toby84 - 27. Nov '23
Edited
ja das klingt doch vernünftig. man hat eine figur geopfert und steht jetzt vor der entscheidung, ob man den angriff fortsetzen will oder das sichere dauerschach mitnimmt. Sd7 allein ist ja erst mal noch ziemlich weit weg vom tatsächlichen sieg. wenn man den angriff spielt und dann doch keinen gewinn findet, ärgert man sich nachher nur doppelt über das verschenkte remis. ich kann das nachvollziehen, dass man dann den spatz in der hand wählt.
Vabanque - 27. Nov '23
>>wenn man den angriff spielt und dann doch keinen gewinn findet, ärgert man sich nachher nur doppelt über das verschenkte remis.<<
Das kennt wohl jeder Turnierspieler nur allzu gut. Schlägt man das Remis aus und spielt weiter auf Angriff, verliert man häufig. Nimmt man aber das Remis, zeigt einem hinterher der Gegner (!) oder ein Mannschaftskollege, wie man ganz leicht (so behaupten die dann!) hätte gewinnen können😁Und in beiden Fällen fehlt der Mannschaft am Ende dann genau der halbe Punkt (oder man verpasst in einem Einzelturnier einen vorderen Platz bzw. den Aufstieg in die höhere Gruppe).
Das kennt wohl jeder Turnierspieler nur allzu gut. Schlägt man das Remis aus und spielt weiter auf Angriff, verliert man häufig. Nimmt man aber das Remis, zeigt einem hinterher der Gegner (!) oder ein Mannschaftskollege, wie man ganz leicht (so behaupten die dann!) hätte gewinnen können😁Und in beiden Fällen fehlt der Mannschaft am Ende dann genau der halbe Punkt (oder man verpasst in einem Einzelturnier einen vorderen Platz bzw. den Aufstieg in die höhere Gruppe).