Chess
Schachweisheit des Tages 2.5.2024
Vabanque - 02. Mai '24
'Verpflichte dich nicht im Zentrum', lese ich da zum wiederholten Mal in der Lobby, und genauso zum wiederholten Mal frage ich mich, was damit eigentlich gemeint ist🤔
Wer hilft mir bei der Interpretation dieser Schachweisheit?
Wer hilft mir bei der Interpretation dieser Schachweisheit?
toby84 - 03. Mai '24
wenn ich das google, erhalte ich ausschließlich chessmail als treffer. ich weiß auch nicht was damit gemeint ist.
hackelbaer - 03. Mai '24
Guten Morgen Vabanque und Alle,
Hmhm – Also ich verstehe das so:
Dass ein weißer Bauer schon im frühen Mittelspiel auf d6 auftaucht, das kann schon mal vorkommen. Schwarz sollte da noch genug Material haben, um diese Gefahr ggf. unter Verlust einer Leichtfigur zu beseitigen.
Wenn Weiß jetzt aber sein ganzes Spiel darauf ausrichtet, diesen Bauern durchzubringen und Schwarz mit aller Mach zu hindern versucht, diesen Bauern zu beseitigen, dann hat sich Weiß "im Zentrum verpflichtet".
Ähnlich ist es m.E., wenn plötzlich ein schwarzer Springer auf d4 auftaucht – manche stellen ihn da hin, nur um weiß zu ärgern / weil sie es können. Ja, klar ist blöd, so ein Springer, aber wenn Mensch es im Auge behält, dann ist es jetzt auch wieder nicht sooooo schlimm. Ich habe schon Leute gesehen, die sind mit aller Macht gegen so einen Springer vorgegangen, obwohl er keinerlei Gefahr darstellte.
Da kann ich nur sagen: Danke, dass ich meinen Flügelangriff in Ruhe vorbereiten durfte. Auch da hat sich wohl wer "im Zentrum verpflichtet".
Dritte Variante ist dann wohl der weiße Läufer auf b2. Meiner Erfahrung nach gibt es zwei erfolgreiche Strategien dagegen: Den Läufer Läufer sein lassen und allenfalls lang zu rochieren oder den schwarzen Bauern auf e5 mit Klauen und Zähnen verteidigen. Letzteres schlägt früher oder später meist fehl (Bauer f4) und ist daher ein weiteres Beispiel dafür, dass Mensch sich "nicht im Zentrum verpflichten" sollte.
In der Schach-AG in der Schule habe ich recht bald nach dem Matt mit König und Turm gelernt, Mensch möge das Zentrum besetzen. Vielleicht war ich nicht der Einzige und vielleicht ist das einfach nur die Antithese dazu.
Ach ja, ich habe im Moment nur die Zeit, so gscheit daher zu schreiben, weil mich die senile Bettflucht an den Rechner getrieben hat, und meine aktuellen Gegner offenbar besser schlafen als ich.
Gehabt Euch wohl
Teddy
Hmhm – Also ich verstehe das so:
Dass ein weißer Bauer schon im frühen Mittelspiel auf d6 auftaucht, das kann schon mal vorkommen. Schwarz sollte da noch genug Material haben, um diese Gefahr ggf. unter Verlust einer Leichtfigur zu beseitigen.
Wenn Weiß jetzt aber sein ganzes Spiel darauf ausrichtet, diesen Bauern durchzubringen und Schwarz mit aller Mach zu hindern versucht, diesen Bauern zu beseitigen, dann hat sich Weiß "im Zentrum verpflichtet".
Ähnlich ist es m.E., wenn plötzlich ein schwarzer Springer auf d4 auftaucht – manche stellen ihn da hin, nur um weiß zu ärgern / weil sie es können. Ja, klar ist blöd, so ein Springer, aber wenn Mensch es im Auge behält, dann ist es jetzt auch wieder nicht sooooo schlimm. Ich habe schon Leute gesehen, die sind mit aller Macht gegen so einen Springer vorgegangen, obwohl er keinerlei Gefahr darstellte.
Da kann ich nur sagen: Danke, dass ich meinen Flügelangriff in Ruhe vorbereiten durfte. Auch da hat sich wohl wer "im Zentrum verpflichtet".
Dritte Variante ist dann wohl der weiße Läufer auf b2. Meiner Erfahrung nach gibt es zwei erfolgreiche Strategien dagegen: Den Läufer Läufer sein lassen und allenfalls lang zu rochieren oder den schwarzen Bauern auf e5 mit Klauen und Zähnen verteidigen. Letzteres schlägt früher oder später meist fehl (Bauer f4) und ist daher ein weiteres Beispiel dafür, dass Mensch sich "nicht im Zentrum verpflichten" sollte.
In der Schach-AG in der Schule habe ich recht bald nach dem Matt mit König und Turm gelernt, Mensch möge das Zentrum besetzen. Vielleicht war ich nicht der Einzige und vielleicht ist das einfach nur die Antithese dazu.
Ach ja, ich habe im Moment nur die Zeit, so gscheit daher zu schreiben, weil mich die senile Bettflucht an den Rechner getrieben hat, und meine aktuellen Gegner offenbar besser schlafen als ich.
Gehabt Euch wohl
Teddy
toby84 - 03. Mai '24
das überzeugt mich nicht wirklich. warum sollte das alles nur im zentrum gelten? dann kann man auch global sagen: verpflichte dich nicht unnützen/hoffnungslosen zielen. und das wiederum ist ein allgemeinplatz.
Alapin2 - 03. Mai '24
... dynamische Zentrumsstellungen verflachen manchmal, wenn die Bauern zu schnell festgelegt werden. Ausserdem : "Flügelangriffe sollten mit einem Gegenstoss im Zentrum beantwortet werden!" (noch so eine Weisheit). Geht aber nicht, wenn da tote Hose ist 😜.
So verstehe ich das, obwohl der Spruch in dieser Form auch für mich neu ist.
So verstehe ich das, obwohl der Spruch in dieser Form auch für mich neu ist.
toby84 - 03. Mai '24
da gefällt mir das wort "verpflichten" nicht wirklich. da würde ich eher "festlegen" erwarten, dann wüsste ich auch direkt, was gemeint ist. außerdem gibt es doch einige eröffnungen, die sich im zentrum festlegen, also warum soll das allgemein als nicht empfehlenswert abgetan werden?
ich hege die vermutung, dass ich mit diesem spruch nicht mehr warm werde.
ich hege die vermutung, dass ich mit diesem spruch nicht mehr warm werde.
Tschechov - 03. Mai '24
Ich bin schon öfter in Schachlehrbüchern auf die Formulierung gestoßen, dieser oder jener Zug sei "sehr verpflichtend". Ich weiß bis heute nicht so recht, was damit gemeint ist. Vermutlich, daß es im folgenden nicht mehr so viele Optionen gibt.
Vabanque - 03. Mai '24
Hallo SFe,
vielen Dank für eure tollen Antworten!👍
Ja, eine Festlegung von Bauern im Zentrum kam mir auch am ehesten noch in den Sinn wobei dann aber - wie toby schon andeutet - z.B. die Vorstoßvariante im Französischen, also 1. e4 e6 2. d4 d5 3. e5 ja auch schon falsch wäre🤔
Und es stimmt, das mit dem 'sehr verpflichtend' oder gar 'zu verpflichtend' kenne ich auch aus älteren Schachbüchern, aber die Formulierung ist mir immer sehr vage erschienen.
vielen Dank für eure tollen Antworten!👍
Ja, eine Festlegung von Bauern im Zentrum kam mir auch am ehesten noch in den Sinn wobei dann aber - wie toby schon andeutet - z.B. die Vorstoßvariante im Französischen, also 1. e4 e6 2. d4 d5 3. e5 ja auch schon falsch wäre🤔
Und es stimmt, das mit dem 'sehr verpflichtend' oder gar 'zu verpflichtend' kenne ich auch aus älteren Schachbüchern, aber die Formulierung ist mir immer sehr vage erschienen.
Alapin2 - 03. Mai '24
Französisch-Vorstossvariante :
Gerade sehr dynamisch. Tauziehen um den Punkt d4. Wenn Schwarz nicht konsequent dort Druck macht, haben wir eben das Problem mit dem weißen Königsangriff.
Als Beispiel für obige "Weisheit" nicht geeignet.
Gerade sehr dynamisch. Tauziehen um den Punkt d4. Wenn Schwarz nicht konsequent dort Druck macht, haben wir eben das Problem mit dem weißen Königsangriff.
Als Beispiel für obige "Weisheit" nicht geeignet.
Vabanque - 03. Mai '24
In Caro-Kann, nach den Zügen 1. e4 c6 2. Sf3 (statt d4) d5 2. Sc3 ist die Versuchung für Schwarz groß, 2... d4 zu ziehen. Gilt angeblich nicht als gut wegen der Festlegung der Bauern im Zentrum, wenn ich mich recht erinnere. Ist das vielleicht ein besseres Beispiel?
shaack - 03. Mai '24
Der Spruch wurde hier genannt: /forum/thread.html?key=6e7282d91f44469b, wohl aus einem Buch von Müller/Pawelczak, "Schachgenie Aljechin", 1962. Ich habe das allerdings nicht wirklich geprüft.
Vabanque - 03. Mai '24
In dem betreffenden Buch steht der Spruch sicher im Zusammenhang mit einem entsprechenden Beispiel. Dieses zu kennen wäre jetzt interessant. Hat jemand zufällig dieses Buch?
Vabanque - 03. Mai '24
Da offenbar nicht nur ich, sondern auch einige anderen SFe hier mit diesem Spruch wenig anfangen können, wäre vielleicht eine Option, ihn herauszunehmen.
toby84 - 03. Mai '24
Edited
das internet hat humor. hab jetzt von google books zu search.worldcat.org gefunden, und da wird mir angeboten, das buch auszuleihen in "Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt am Main in der Nähe von Münster, Deutschland" ^^ also wenn das nächste mal jemand fragt, wo frankfurt am main liegt, weiß ich jetzt, wie ich die angabe präzisieren kann.
Vabanque - 03. Mai '24
Über diese Ortsangabe muss sogar ich - als absolute Null in Geografie - staunen😮
Vabanque - 03. Mai '24
Käuflich zu erwerben ist das Buch übrigens antiquarisch bei booklooker zu einem zwar moderaten Preis:
booklooker.de/B%C3%BCcher/A-Pawelczak-Hans-M%C3%BCller+Schachg..
Doch werde ich kaum zuschlagen, habe ja schon Bücher über Aljechin, die vermutlich besser sind.
booklooker.de/B%C3%BCcher/A-Pawelczak-Hans-M%C3%BCller+Schachg..
Doch werde ich kaum zuschlagen, habe ja schon Bücher über Aljechin, die vermutlich besser sind.
Mithridates - 03. Mai '24
Frankfurt am Main liegt von meiner Heimatstadt Hamburg aus gesehen ca. Richtung Äquator.
Alapin2 - 03. Mai '24
O. a. link brachte mich nicht weiter. SF Saison zitierte einige Grundregeln aus dem Aljechin - Buch. Diese war nicht dabei.
Stattdessen selbst in meinem ehrlich erliehenen Beuteexemplar nachgeschlagen: 3.Auflage,Seite 154
:" Aljechin - Marshall, New York 1927:
1) d4 Sf6 2)c4 e6 3)Sf3 Se4".
... und jetzt kommt es..
: "Hierzu bemerkt Aljechin im Turnierbuch"
... "Ein Zug, welcher im Gegensatz zu allen Prinzipien steht-- sowohl mit der älteren Formel (nicht mehrere Züge mit derselben Figur in der Eröffnung machen), als auch der modernen Ansicht( der Druck auf die Zentralfelder ist meist viel wirksamer als deren Besetzung...
.... Ausserdem hat er den Nachteil der unnötigen Selbstverpflichtung... "
Stattdessen selbst in meinem ehrlich erliehenen Beuteexemplar nachgeschlagen: 3.Auflage,Seite 154
:" Aljechin - Marshall, New York 1927:
1) d4 Sf6 2)c4 e6 3)Sf3 Se4".
... und jetzt kommt es..
: "Hierzu bemerkt Aljechin im Turnierbuch"
... "Ein Zug, welcher im Gegensatz zu allen Prinzipien steht-- sowohl mit der älteren Formel (nicht mehrere Züge mit derselben Figur in der Eröffnung machen), als auch der modernen Ansicht( der Druck auf die Zentralfelder ist meist viel wirksamer als deren Besetzung...
.... Ausserdem hat er den Nachteil der unnötigen Selbstverpflichtung... "
toby84 - 03. Mai '24
"der Druck auf die Zentralfelder ist meist viel wirksamer als deren Besetzung"
wie modern ist diese ansicht denn noch? ist ein das zentrum auf eigener brettseite besetzender bauer nicht zwangsläufig einer, der gleichzeitig druck auf ein anderes zentrumsfeld macht? und ist die aussage damit nicht sinnlos, weil die besetzung den druck zwangsläufig impliziert?
wie modern ist diese ansicht denn noch? ist ein das zentrum auf eigener brettseite besetzender bauer nicht zwangsläufig einer, der gleichzeitig druck auf ein anderes zentrumsfeld macht? und ist die aussage damit nicht sinnlos, weil die besetzung den druck zwangsläufig impliziert?
Vabanque - 03. Mai '24
Ja, für Bauern gilt das wohl tatsächlich. Aber Figurendruck auf das Zentrum kann von Nicht-Zentralfeldern aus erfolgen, z.B. durch einen Fianchetto-Läufer auf g2 oder b2.
Vabanque - 03. Mai '24
Edited
>>1) d4 Sf6 2)c4 e6 3)Sf3 Se4".<<
>>.... Ausserdem hat er den Nachteil der unnötigen Selbstverpflichtung... "<<
Leider bleibt mir auch trotz dieses Beispiels der Begriff unklar. Zu was verpflichtet sich Schwarz denn mit 3... Se4?
(Wobei der Zug tatsächlich seltsam ist, weil mir die damit verbundene Absicht bzw. der Plan nicht klar ist, aber das steht auf einem anderen Blatt.)
>>.... Ausserdem hat er den Nachteil der unnötigen Selbstverpflichtung... "<<
Leider bleibt mir auch trotz dieses Beispiels der Begriff unklar. Zu was verpflichtet sich Schwarz denn mit 3... Se4?
(Wobei der Zug tatsächlich seltsam ist, weil mir die damit verbundene Absicht bzw. der Plan nicht klar ist, aber das steht auf einem anderen Blatt.)
shaack - 03. Mai '24
Ich würde sagen, diskussionswürdige Sprüche sind auch ok, oder sogar grade interessant.
Vabanque - 03. Mai '24
Verpflichtet man sich denn nicht mit jeder Eröffnung irgendwie? Wer Sizilianisch spielt, verpflichtet sich damit, am Damenflügel Gegenspiel zu suchen, bei Königsindisch verpflichtet man sich, am Königsflügel aktiv zu werden usw.