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Rossolimo spielt den Rossolimo-Angriff: Sieg nach 17 Zügen
Vabanque - 26. Jun '21
Der in Kiev geborene spätere US-amerikanische GM Nicholas Rossolimo (1910-1975) gehört (wie Edgard Colle) zu den Spielern, deren Name dem Schachfreund meist nur noch im Zusammenhang mit einem Eröffnungssystem bekannt ist. Dabei hat der Kosmopolit Rossolimo nicht nur ein spannendes Leben geführt, er war (ohne jemals an der Weltspitze gewesen zu sein) auch in der Lage, brillante Kombinationen aufs Brett zu zaubern, wie die vorgestellte Partie eindrucksvoll beweist. Hier kommt sein Gegner mit Rossolimos eigener Bekämpfung der Sizilianischen Verteidigung (1. e4 c5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5) so ganz und gar nicht zurecht. Bereits nach dem 10. Zug kann Rossolimo die Eröffnungssünden (nämlich Tempoverluste) des Schwarzspielers mit einer weit berechneten Opferkombination bestrafen. Viel Spaß beim Nachspielen!































PGN anzeigen
Nicolas Rossolimo Ivan Romanenko Salzburg | Salzburg AUT | 1948 | B31 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. e4 c5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 Dieser Zug charakterisiert den Rossolimo-Angriff. g6 Die üblichste und möglicherweise auch beste Erwiderung. 4. O-O Lg7 5. Te1 Sf6 6. Sc3 Sd4?! Ein Versuch ähnlich der Bird-Verteidigung im Spanier (1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 Sd4), der hier allerdings wohl als Tempoverlust zu bewerten ist. Schwarz sollte einfach rochieren, nach e5 hätte sein Sf6 dann auch das Ausweichfeld e8. 7. e5 Jetzt sehr stark, der schwarze Springer hat kein gutes Feld. Sg8 8. d3 Sxb5?! Schwarz verschafft sich das Läuferpaar, wird aber nicht lange Freude daran haben. 9. Sxb5 a6?! Die 'natürliche' Reaktion. Vorgeschobene gegnerische Figuren sollen ja nach geltender Lehrbuchmeinung möglichst sofort 'befragt' werden. Dabei hat Schwarz die Möglichkeit des weißen Springeropfers auf d6 sicher einkalkuliert, aber gesehen, dass es nach 10. Sd6+ exd6 11. exd6+ Kf8 nicht weitergeht. 10. Sd6+! Trotzdem! Die Summe der schwarzen Ungenauigkeiten in der Eröffnung hat die Stellung bereits sturmreif gemacht. Schwarz hat einfach zu viel Zeit verloren. xd6 Etwas besser Kf8, aber Schwarz will 'es sich zeigen lassen', was sich als fatal für ihn, aber gut für uns erweist. 11. Lg5! Dieser Zwischenzug ist die erste Pointe von Rossolimos Kombination. Die schwarze Dame wird dazu gezwungen, die Verteidigung der Basis aufzugeben. Da5 12. xd6+ Kf8 13. Te8+!! Die zweite und noch schönere Pointe der weißen Kombination. Rossolimo hat erkannt, dass der Turm auf der e-Linie durch eine Dame ersetzt werden muss. Kxe8 14. De2+ Kf8 15. Le7+ Die dritte Pointe der Kombination, die nur mit einer Dame auf der e-Linie möglich ist. Ke8 16. Ld8+!! Die vierte Pointe der Kombination; der schwarze König wird auf ein Feld gelenkt, auf dem er bald starke Engegefühle verspürt. Wäre übrigens die schwarze Dame im 11. Zug nach b6 gegangen, könnte Weiß jetzt einfach mit Te1 fortsetzen. Mit der schwarzen Dame auf a5 scheitert Te1 natürlich an Dxe1+. Kxd8 17. Sg5! Die finale Pointe der Kombination. Es droht Sxf7 matt, und die verrammelte Lage am Damenflügel macht es Schwarz unmöglich, ein Fluchtfeld zu schaffen, während der einzige Zug, der f7 deckt, nämlich Sh6, die Deckung von e7 aufgibt, so dass De7# folgen kann. Schwarz gab in diesem hübschen Schlussbild auf.
Alapin2 - 26. Jun '21
Klasse Partie und sehr anschaulich kommentiert!
Kannte vorher nur Rossolimos Partie gegen Reissman (Die mit dem Damenopfer a la
Marshall ((der schon wieder!))). Diese gefällt mir beinahe noch besser!
Donk, Vabanque, für die Arbeit, die Du Dir gemacht hast!!
Kannte vorher nur Rossolimos Partie gegen Reissman (Die mit dem Damenopfer a la
Marshall ((der schon wieder!))). Diese gefällt mir beinahe noch besser!
Donk, Vabanque, für die Arbeit, die Du Dir gemacht hast!!
shaack - 26. Jun '21
Toll das Du wieder eine Partie kommentiert hast, wenn ich Zeit finde, schaue ich sie mir mal in Ruhe an.
Peke - 26. Jun '21
Die Partie kannte ich schon, aber so etwas schaue ich mir trotzdem mit dem größten Vergnügen immer wieder an. Tolle Kombination
underdunk - 26. Jun '21
Danke auch von mir! Schön verständlich geschrieben. 👍😊
Vabanque - 26. Jun '21
Danke euch allen😊
Schön, wenn die Partie und die Kommentierung gefallen.
Tja, mit den Kommentierten Spielen ist es so eine Sache ... zuerst war es ja mal so, dass meine Co-Kommentatoren (vor allem Oli1970) zeitweise so viel kommentiert haben, dass ich ihnen das Feld problemlos überlassen konnte ... es wäre wirklich zu viel gewesen, da selber noch etwas online zu stellen. Und dann dachte ich mir, naja, die Kommentierten Spiele scheint ja keiner zu vermissen (ok, ab und zu kamen schon Anfragen per PN, was nun mit den kommentierten Spielen sei, das war aber insgesamt selten).
Dann dachte ich mir aber, dass nach so einer langen Pause, und vor allem nachdem die Schachaufgaben ja auch gut ankommen, so eine kommentierte Partie vielleicht mal wieder fällig wäre ... und dann musste es natürlich eine sein, die a) kurz b) brillant und c) auch noch leicht verständlich wäre! Das Auswahlverfahren, eine Partie zu finden, die diese Kriterien erfüllt, war in diesem Fall weit mühsamer als die Kommentierung selbst! Etliche Partien habe ich erwogen, sogar begonnen zu kommentieren, und sie wieder verworfen.
Nun schauen wir mal, wie es weitergeht. Wenn ich weitere Partien kommentiere, sollte natürlich schon so ziemlich alles dabei sein, also nicht nur kurze und knackige Kombinationspartien wie diese, sondern auch Endspiele, strategische Partien und anderes.
Aber zuerst freue ich mich mal, dass diese Partie hier offenbar gefällt. Danke nochmal für das Feedback!
Schön, wenn die Partie und die Kommentierung gefallen.
Tja, mit den Kommentierten Spielen ist es so eine Sache ... zuerst war es ja mal so, dass meine Co-Kommentatoren (vor allem Oli1970) zeitweise so viel kommentiert haben, dass ich ihnen das Feld problemlos überlassen konnte ... es wäre wirklich zu viel gewesen, da selber noch etwas online zu stellen. Und dann dachte ich mir, naja, die Kommentierten Spiele scheint ja keiner zu vermissen (ok, ab und zu kamen schon Anfragen per PN, was nun mit den kommentierten Spielen sei, das war aber insgesamt selten).
Dann dachte ich mir aber, dass nach so einer langen Pause, und vor allem nachdem die Schachaufgaben ja auch gut ankommen, so eine kommentierte Partie vielleicht mal wieder fällig wäre ... und dann musste es natürlich eine sein, die a) kurz b) brillant und c) auch noch leicht verständlich wäre! Das Auswahlverfahren, eine Partie zu finden, die diese Kriterien erfüllt, war in diesem Fall weit mühsamer als die Kommentierung selbst! Etliche Partien habe ich erwogen, sogar begonnen zu kommentieren, und sie wieder verworfen.
Nun schauen wir mal, wie es weitergeht. Wenn ich weitere Partien kommentiere, sollte natürlich schon so ziemlich alles dabei sein, also nicht nur kurze und knackige Kombinationspartien wie diese, sondern auch Endspiele, strategische Partien und anderes.
Aber zuerst freue ich mich mal, dass diese Partie hier offenbar gefällt. Danke nochmal für das Feedback!
Oli1970 - 26. Jun '21
Klasse Illustration der Rossolimo-Variante vom Namensgeber selbst. Finde ich immer gut, die Abspiele von ihren Namensgebern vorgeführt zu sehen.
Zum Spiel selbst gibt es wenig zu sagen, es ist vom Weißen ideal herunter gespielt worden. Der Schwarzspieler kannte sich in den Gefilden offenbar nicht gut aus. So ist die Partie sehr instruktiv, was die Ideen der Variante angeht, zumal die Schwarzzüge, die zu den Tempoverlusten führen, dem Grunde nach plausibel aussehen. Das Zusammenspiel der Figuren im Endspiel ist schon ziemlich gefällig.
Auch SF Okute dürfte an der Partie gefallen finden, wird die Variante gerne auch als Nezhmetdinov-Rossolimo-Angriff bezeichnet.
Bleibt die Frage, um wen es sich beim Schwarzspieler handelt. Vlastimil Hort mutmaßte auf chessbase, die Partie sei möglicherweise nicht gespielt sondern konstruiert worden. Ich denke, da liegt er falsch: Die Partie wurde in Bad Gastein als Freizeitspiel gespielt, nicht als Teil des Salzburger Turniers, bei dem Romanenko kein Teilnehmer war. Bei den Salzburger Nachrichten ( sn.at/wiki/Geschichte_des_Schachspiels_in_Salzburg) findet sich ein kurzer Hinweis auf Romanenko: „Der Violinist Ivan Romanenko war Stadtmeister 1948/49 und führte sogar die Schachecke in der SVZ. Er wechselte mit seiner Künstler-Gattin im Oktober 1949 nach Baltimore.“ Die SVZ war die „Salzburger Volkszeitung“. Beim lokalen WM-Aljechin-Erinnerungsturnier 1949 wurde er Vierter. In den USA nahm er noch an dem ein oder anderen Open teil.
Zum Spiel selbst gibt es wenig zu sagen, es ist vom Weißen ideal herunter gespielt worden. Der Schwarzspieler kannte sich in den Gefilden offenbar nicht gut aus. So ist die Partie sehr instruktiv, was die Ideen der Variante angeht, zumal die Schwarzzüge, die zu den Tempoverlusten führen, dem Grunde nach plausibel aussehen. Das Zusammenspiel der Figuren im Endspiel ist schon ziemlich gefällig.
Auch SF Okute dürfte an der Partie gefallen finden, wird die Variante gerne auch als Nezhmetdinov-Rossolimo-Angriff bezeichnet.
Bleibt die Frage, um wen es sich beim Schwarzspieler handelt. Vlastimil Hort mutmaßte auf chessbase, die Partie sei möglicherweise nicht gespielt sondern konstruiert worden. Ich denke, da liegt er falsch: Die Partie wurde in Bad Gastein als Freizeitspiel gespielt, nicht als Teil des Salzburger Turniers, bei dem Romanenko kein Teilnehmer war. Bei den Salzburger Nachrichten ( sn.at/wiki/Geschichte_des_Schachspiels_in_Salzburg) findet sich ein kurzer Hinweis auf Romanenko: „Der Violinist Ivan Romanenko war Stadtmeister 1948/49 und führte sogar die Schachecke in der SVZ. Er wechselte mit seiner Künstler-Gattin im Oktober 1949 nach Baltimore.“ Die SVZ war die „Salzburger Volkszeitung“. Beim lokalen WM-Aljechin-Erinnerungsturnier 1949 wurde er Vierter. In den USA nahm er noch an dem ein oder anderen Open teil.
Oli1970 - 26. Jun '21
>> ... zuerst war es ja mal so, dass meine Co-Kommentatoren (vor allem Oli1970) zeitweise so viel kommentiert haben, dass ich ihnen das Feld problemlos überlassen konnte ... es wäre wirklich zu viel gewesen, da selber noch etwas online zu stellen. <<
Interessante Sichtweise.
Interessante Sichtweise.
Vabanque - 26. Jun '21
>> die Partie sei möglicherweise nicht gespielt sondern konstruiert worden<<
Ein Vorwurf, den sich schon viele Partien mit besonders brillanten Opferkombinationen haben gefallen lassen müssen. In vorliegendem Fall wäre ich auf die Idee einer Konstruktion aber gar nicht gekommen, da die weißen Züge - so brillant sie sind - alle logisch nachvollziehbar erscheinen. 'Verdächtige' Partien (im Sinne einer Konstruktion) sehen meist anders aus.
Aber in Zukunft gibt es - versprochen! - nur noch Partien, die sich als Partien bedeutender Turniere nachweisen lassen😉
Ein Vorwurf, den sich schon viele Partien mit besonders brillanten Opferkombinationen haben gefallen lassen müssen. In vorliegendem Fall wäre ich auf die Idee einer Konstruktion aber gar nicht gekommen, da die weißen Züge - so brillant sie sind - alle logisch nachvollziehbar erscheinen. 'Verdächtige' Partien (im Sinne einer Konstruktion) sehen meist anders aus.
Aber in Zukunft gibt es - versprochen! - nur noch Partien, die sich als Partien bedeutender Turniere nachweisen lassen😉