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Verlustpartien der Weltmeister (II): Kramnik
Sam0907 - 05. Aug '16
Hier stelle ich Euch mal eine exzellent gespielte Blindpartie vor.
Verlierer ist der damals amtierende Weltmeister Vladimir Kramnik, der gegen
Vassyl Ivanchuk nur wegen eines unscheinbaren Zuges ( 14....e4 ) verlor, dieser Zug stellte sich später als Fehler dar und dadurch fehlte dem Weltmeister am Ende ein Tempo !
Das imposante an dieser Partie ist, das diese blind gespielt wurde. Wie Ivanchuk diese Partie bis zum Sieg spielte ist allererste Güte. Der Weltmeister wurde richtig überspielt, ohne spektakuläre Opfer.
In meinen Kommentaren erscheinen nicht viele Analysen; hier werden Pläne beschrieben und ich versuche zu erläutern, warum die Spieler ausgerechnet diesen Zug durchführten.
Viel Spaß bei dieser herrlichen Blindpartie.































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Verlierer ist der damals amtierende Weltmeister Vladimir Kramnik, der gegen
Vassyl Ivanchuk nur wegen eines unscheinbaren Zuges ( 14....e4 ) verlor, dieser Zug stellte sich später als Fehler dar und dadurch fehlte dem Weltmeister am Ende ein Tempo !
Das imposante an dieser Partie ist, das diese blind gespielt wurde. Wie Ivanchuk diese Partie bis zum Sieg spielte ist allererste Güte. Der Weltmeister wurde richtig überspielt, ohne spektakuläre Opfer.
In meinen Kommentaren erscheinen nicht viele Analysen; hier werden Pläne beschrieben und ich versuche zu erläutern, warum die Spieler ausgerechnet diesen Zug durchführten.
Viel Spaß bei dieser herrlichen Blindpartie.
Ivanchuk, V. Kramnik, V. Amber Blindfold | 2002.03.26 | C85 | 1:0
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1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lb5 a6 4. La4 Sf6 5. O-O Le7 6. Lxc6 Seltener als die Hauptvariante 6.Te1. Weiß gibt das Läuferpaar auf, verschlechtert aber dafür die schwarze Bauernstellung. Dieses System gilt als nicht sonderlich gefährlich und führt zu etwas langweiligen Stellungen. xc6 7. d3 Sd7 8. Sbd2 O-O 9. Sc4 Der Druck gegen e5 zwingt Schwarz zu einer Entscheidung: Wie soll er den Be5 decken ? f6 Die meistgespielte Reaktion, die allerdings die Diagonale e7-h4 verstellt und die weißen Felder leicht schwächt. 10. Sh4 Nutzt den letzten schwarzen Zug aus. Der Springer soll nach f5 und es wird f2-f4 vorbereitet Sc5 11. Sf5 Weiß will direkt das Läuferpaar zurückgewinnen. Lxf5 12. xf5 In der entstandenen Stellung hat Weiß noch einen geringen Vorteil. Der Grund liegt darin, dass er den besseren Läufer hat und über das Feld e4 verfügt. Der Plan für Weiß besteht jetzt in den folgenden Zügen: Dg4, Le3, Sd2-e4 und dann f2-f4. Schwarz versucht dies natürlich zu durchkreuzen, sein Gegenplan ist der Abtausch des Be5 gegen den Bd3 mittels ...e5-e4. Um dieses Thema drehen sich die nun folgenden Züge. Übrigens erkennt keine Engine diesen Plan, da diese nicht planen, sondern nur taktieren können. Dd5 13. Dg4 Tfe8 14. Te1 Warum die Engine hier jetzt 14.b3 vorschlägt ist mir schleierhaft e4? Schwarz versucht das strategisch wünschenswerte ...e5-e4 durchzusetzen, aber dieses Vorhaben scheitert taktisch, da Weiß diesen Bauern abholen kann. 14... Tad8 wäre der normale Zug, mit weiterhin leichtem Vorteil für Weiß 15. Se3 Das ist das Problem, die schwarze Dame kann den Be4 nicht mehr verteidigen bzw. erlaubt Fesselungsmotive De5 16. Sf1! Lf8 17. Sg3 Jetzt ist der Fall des Be4 nicht mehr zu verhindern. Die einzige vage Hoffnung von Schwarz auf Gegenspiel beruht darauf, dass der Ta1 und der Lc1 noch nicht entwickelt sind Tad8 18. h4!?
Dieser Zug war nicht unbedingt nötig, schließt aber wohl ein Grundreihenmatt aus. Aber man muß bedenken; es ist eine Blindpartie 18. xe4!? war auch gut genug, um den Bauern einzuheimsen. Dann ist Sxe4 19. Sxe4 Dxe4 20. Txe4 Txe4!? mit der unterirdischen Idee 21.Dxe4?? Td1+ wegen einfach 21. Lf4 nicht möglich
Dd4 19. xe4 Dc4 Oh - Gegenspiel ? 20. Le3! Nein ! Sxe4 21. b3! Schwarz hat zwar den Be4 zurückgewonnen, erleidet jetzt aber neue Materialverluste. Dxc2 Andere Züge helfen auch nicht, die schwarze Dame kann nicht mehr den Se4 decken: 22. Tec1 Dd3 23. Td1 Dxd1+ 24. Txd1 Txd1+ 25. Dxd1 Sxg3 26. Dd3! Schwarz hat Turm, Figur und Bauer für die Dame, also materiell ok. Dass er trotzdem auf verlorenem Posten steht, ist durch die schlechte Koordination seiner Fiuren begründet. Weiß kann nun mit der Dame nach f7 eindringen. Die Situation wäre völlig anders, stünde der schwarze Springer bereits auf d6 26. xg3? Txe3 wäre deutlich schwächer. Schwarz könnte dann mit ...Ld6 und/oder Te7 seine Stellung halbwegs in den Griff bekommen
Se4 Nur noch ...Sd6, aber Weiß ist am Zug. Im Schach kann ein Tempo manchmal entscheidend sein 27. Dc4+! Kh8 28. Df7 Td8 29. f3! Sc3 30. Dxc7 Td1+ 31. Kf2 Kg8 32. Dc8! 32.Dxb7 ist auch nicht schlecht, aber Weiß spielt klasse bis zum Schluss weiter. Es droht jetzt 33.Lc5 Td5 33. Lc5! Trotzdem - der Turm wird von der Grundreihe abgelenkt Txc5 34. De6+ Kh8 35. Df7! Die Pointe Se4+ 36. xe4 Tc2+ 37. Kf3 Tc3+ 38. Ke2 Da der Läufer verloren geht, ist jeder weitere Widerstand zwecklos. Ivanchuk bestrafte den Fehler 14...e4? sehr präzise
Vabanque - 05. Aug '16
Zuerst war ich ja ein wenig irritiert, dass Kramnik als Teil II hier plötzlich erscheint, wo er doch chronologisch von hinten eigentlich Teil III sein sollte, aber egal, dann bringe ich eben Anand als Teil III :)
Dafür sind die Kommentare diesmal richtig klasse geraten; Du vermittelst hier durch die klare Darstellung der Pläne der beiden Seiten richtig Schachverständnis. Das bringt den meisten Spielern hier (wenn nicht sogar allen) wesentlich mehr als Varianten. Gut, es gibt natürlich Stellungen, die man nur durch präzise Variantenberechung erfassen kann. Die wichtigsten und unerlässlichen (kurzen!) Varianten sind ja auch hier angegeben. Aber gerade in Blindpartien, wie auch in Blitz- oder Schnellpartien wird gar nicht so viel vorausberechnet, sondern mehr nach allgemeinen Plänen gespielt, und ich denke, du hast recht plastisch herausgearbeitet, was da in den Köpfen der Spieler vorgegangen sein mag. Daumen nach oben für diesen exzellenten Kommentar!
Dafür sind die Kommentare diesmal richtig klasse geraten; Du vermittelst hier durch die klare Darstellung der Pläne der beiden Seiten richtig Schachverständnis. Das bringt den meisten Spielern hier (wenn nicht sogar allen) wesentlich mehr als Varianten. Gut, es gibt natürlich Stellungen, die man nur durch präzise Variantenberechung erfassen kann. Die wichtigsten und unerlässlichen (kurzen!) Varianten sind ja auch hier angegeben. Aber gerade in Blindpartien, wie auch in Blitz- oder Schnellpartien wird gar nicht so viel vorausberechnet, sondern mehr nach allgemeinen Plänen gespielt, und ich denke, du hast recht plastisch herausgearbeitet, was da in den Köpfen der Spieler vorgegangen sein mag. Daumen nach oben für diesen exzellenten Kommentar!
Sam0907 - 05. Aug '16
Danke - lieber Vabanque.
Ich glaube es ist für die meisten cm-Spieler sinnvoller, wenn man Pläne erläutert und nicht stumpf Analysen bringt. Der Lerneffekt ist in jedem Fall so besser.
Warum macht er jetzt diesen Zug ? Das ist doch immer die Frage eines jeden Schachspielers, der Partien nachspielt.
Ich glaube es ist für die meisten cm-Spieler sinnvoller, wenn man Pläne erläutert und nicht stumpf Analysen bringt. Der Lerneffekt ist in jedem Fall so besser.
Warum macht er jetzt diesen Zug ? Das ist doch immer die Frage eines jeden Schachspielers, der Partien nachspielt.
Vabanque - 05. Aug '16
Häufig ist die Frage natürlich auch: Warum macht er diesen (plausiblen bzw. naheliegenden) Zug nicht? Aber auch dahingehend haben wir uns ja an einigen Stellen bemüht, die Gründe hierfür aufzudecken.
Kellerdrache - 05. Aug '16
Wenn jemand Ivantschuk schon mal am Brett hat überlegen sehen, weiß er das der quasi immer blind spielt ;-)). Er überlegt nicht wie andere indem er aufs Brett starrt, sondern schliest die Augen oder schaut in den Raum.
Trotzdem ist diese Partie, nicht nur für eine blind gespielte, ein Hammer. Durch deine Kommentare ist es mir auch problemlos gelungen alles zu verstehen was bei dem was Ivantschuk aufs Brett zaubert nicht immer so ist.
Trotzdem ist diese Partie, nicht nur für eine blind gespielte, ein Hammer. Durch deine Kommentare ist es mir auch problemlos gelungen alles zu verstehen was bei dem was Ivantschuk aufs Brett zaubert nicht immer so ist.
Vabanque - 05. Aug '16
Ich dachte immer, das wäre Shirov, der Löcher in die Luft guckt beim Spielen?
Kellerdrache - 05. Aug '16
Nein, ich hab beide z.B. in Dortmund spielen sehen. Shirov ist eher so ein nervöser, wibbeliger Typ
Vabanque - 05. Aug '16
Ok, dann hatte ich das jetzt verwechselt!