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Bird vs Falkbeer, 1856
Oli1970 - 25. Nov '23
Henry E. Bird war einer der besten englischen Schachspieler des 19.
Jahrhunderts. Von Beruf Buchhalter, leistete er dennoch Beiträge zur
Eröffnungstheorie - u. a. die hier gespielte Bird-Eröffnung - und
schrieb einige Schachbücher.
Ernst Falkbeer war österreichischer Schachmeister und zählte in den
1850er Jahren mehrfach zu den fünf besten Schachspielern der Welt. Er war
Gründer der Wiener Schachzeitung und leitete später die Schachspalte der
Sunday Times in London. Wie Bird leistete er mit dem Falkbeer-Gegengambit
im Königsgambit einen Beitrag zur Eröffnungstheorie.
Bird und Falkbeer trafen 1856 in London zu mehreren Einzelmatches
zusammen. Die beiden alten Meister spielten u. a. eine wechselhafte, aber
auch abwechslungsreiche Partie.































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Jahrhunderts. Von Beruf Buchhalter, leistete er dennoch Beiträge zur
Eröffnungstheorie - u. a. die hier gespielte Bird-Eröffnung - und
schrieb einige Schachbücher.
Ernst Falkbeer war österreichischer Schachmeister und zählte in den
1850er Jahren mehrfach zu den fünf besten Schachspielern der Welt. Er war
Gründer der Wiener Schachzeitung und leitete später die Schachspalte der
Sunday Times in London. Wie Bird leistete er mit dem Falkbeer-Gegengambit
im Königsgambit einen Beitrag zur Eröffnungstheorie.
Bird und Falkbeer trafen 1856 in London zu mehreren Einzelmatches
zusammen. Die beiden alten Meister spielten u. a. eine wechselhafte, aber
auch abwechslungsreiche Partie.
Bird, Henry Falkbeer, Ernst London m1 | London ENG | 1856 | A02 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. f4 Henry Bird wählt "seine" Eröffnung. Die strategische Grundidee dieser Eröffnung liegt in der Kontrolle des Zentrumfeldes e5, welches üblicherweise mit den Zügen Sg1–f3, b2–b3 und dem Fianchetto des Läufers c1 nach b2 unterstützt wird. Die Bird-Eröffnung hat eine negative Bilanz, auch der Meister selbst hat mehr Partien damit verloren als gewonnen. c5 Falkbeer antwortet mit dem Sizilianisch-Zug. Er erklärt damit, sein Gegenspiel über die halboffene c-Linie und am Damenflügel aufbauen zu wollen. 2. e3 e6 3. b3 Le7 4. Sc3 Lh4+ Warum auch nicht? Der Zug kostet Schwarz kein direktes Tempo, da Weiß seine Entwicklung nicht vorantreiben kann. Im Gegenteil ist er gezwungen, seinen Königsflügel zu öffnen. 5. g3 Lf6 Zweischneidig, da der Läufer nun das Feld für den Springer verbaut. Dafür sichert er die Diagonale nach a1, wohin Bird normalerweise seinen Läufer fianchettieren würde. 6. Sf3 d5 7. d4 xd4 8. xd4 a6 Sichert den Vorstoß b7-b5-b4, da das Feld b5 vom Lf1 überdeckt wird. 9. Ld3 Sc6 10. Le3 b5 11. a4 b4 12. Se2 Lb7 Der Läufer wird bis zum Schluss keinen Weg durch die Mitte finden. 13. Tc1?! Bird verpasst den Raumgewinn und gerät durch den Turmzug in Nachteil. Es ist nicht erkennbar, wie er sich die Linie zunutze machen will. h5 Um g3-g4 zu verhindern. Falkbeer hat erkannt, dass Ungemach droht. 14. Dd2 Sh6 Der Springer ist recht gut platziert. Zunächst sichert er ein weiteres Mal g4. Er kann jedoch im weiteren Verlauf nach f5 ziehen und vorläufig das Vorrücken des Bf4 blockieren, was die Dame und den schwarzfeldrigen Läufer völlig kalt stellen würde. 15. h3 Dd6? Stattdessen hätte Sf5 gespielt gehört, da sich nun erneut die Gelegenheit zu g4 bietet. Bird verpasst sie wieder. 16. Se5 Bird droht g4 nebst f5. Sofern Schwarz noch rochieren möchte, kann dies nur zum Königsflügel erfolgen. Der Damenflügel steht bereits weit offen. Daher trachtet Weiß danach, den Weg zum schwarzen Königsflügel frei zu machen.
16. g4! Viel stärker als der gespielte Zug. xg4 17. xg4 Schwarz ist gezwungen, die Gabel g5-g6 zu verhindern, also g6 18. Se5 etabliert einen ordentlichen Vorposten. De7 19. Sxc6 Lxc6 20. Txh6 Txh6 21. g5 Th1+ 22. Kf2 Th2+ 23. Kg3 Txe2 , denn bei Rückzug fiele der Läufer ohne Kompensation. 24. Dxe2 nebst Fortsetzung des Angriffs gegen a6.
Lxe5?? Erstklassiger Fehler vom Falkbeer. 16...Sf5 wäre angezeigt gewesen, g4 nebst f5 zunächst zu verhindern. 17. xe5 De7 18. Lg5 Dd7 19. O-O Auch einfaches Tf1 wäre stark genug gewesen. So verlässt der König das Zentrum und der Turm steht trotzdem auf der offenen Linie. Tc8 20. Tf4 Sf5 21. Tcf1 g6 22. g4 xg4 23. xg4 Tg8 Falkbeer muss den Springer stehen lassen. 24. xf5 xf5 25. T4f2 Der Läufer ist nun durch die Dame gedeckt. Sxe5?! Vielleicht gespielt, um nach dxe5 und d5-d4 den Läufer aktivieren zu können, vielleicht auf Sxd3 hoffend. Der Springerzug wirkt wie eine Verzweiflungstat, da Weiß deutlich auf Gewinn steht. 26. xe5 d4 27. Sxd4?! Eigentlich schwach gespielt - es waren Th2, Tf3 oder Sg3 deutlich stärker - enthält dieser Zug eine Falle zum Damengewinn. f6?? Tatsächlich war das Schlagen des Springers oder der nicht naheliegende Zug Dd8 angezeigt. Dennoch hat Falkbeer nach Birds nächstem Zug alles richtig gemacht. 28. xf6?? In Gewinnstellung patzt Bird! Der Zug sorgt für Ausgleich, da Falkbeer eine wunderbare Lösung für seine Probleme findet. Dxd4 29. f7+ Kxf7 30. Lxf5 Dxd2 31. Lg6+?? Bird wirft mit diesem Doppel-Schach die quasi gewonnene Partie weg! Kxg6 32. Lxd2 Tatsächlich war Txd2 unter Aufgabe des Läufers viel besser, denn jetzt blockieren die eigenen Türme den Weg des Königs in Richtung Damenflügel. Plötzlich ist der Lb7 eine sehr mächtige Figur geworden. Kh7+ 33. Kh2 Tc5 34. Tf7+ Kh8 Die Drohung Th5# ist kaum sinnvoll zu verteidigen. Ein Ansatz ist ein Turmopfer auf f5, jedoch wird dann entweder der Freibauer oder der vorgerückte Bauer auf b4 zur Umwandlung geführt werden, da nach Tg2 - das Feld ist noch durch Lb7 gedeckt - Schwarz die weiße Bauernkette angreifen wird.
Vabanque - 25. Nov '23
Es gibt ja schon Partien aus dem 19. Jh., die von ihrer ganzen Anlage und Durchführung heute noch frisch und modern wirken. Dieser hier dagegen merkt man das Alter schon bei der Eröffnung an. Zwar wird die Bird-Eröffnung auch heute noch gespielt, allerdings dürften dabei kaum solche Aufbauten wie hier herauskommen.
Richtig spannend wird es aber auf jeden Fall nach dem 23. Zug. Der schwarze Springer f5 muss stillhalten, er hat kein gutes Feld (übrigens ist auch 23... Sh6 schlecht, weil nach 24 Lxh6 Txh6 25 Txf7 der Th6 hängt), also gewinnt Weiß eine Figur und ist scheinbar schon auf der Siegerstraße. Aber Schwarz zieht noch alle Register! Er bringt einen Turm auf die g-Linie und öffnet mit einem weiteren Figurenopfer auch noch die Diagonale des Lb7, die sich später als sehr bedeutsam erweisen wird!
Ja, die alten Meister spielten zwar nach heutiger Sicht strategisch schwach, sie konnten aber in zugespitzten Situationen intuitiv pragmatische Entscheidungen treffen.
Und in den entstehenden völlig unübersichtlichen Verwicklungen greift Bird dann ja auch fehl. Ich hätte wahrscheinlich auch völlig arglos 28. exf6?? gespielt! Auf einmal führt der weiße Damengewinn zur Mattsetzung des weißen Königs, weil die drei verbliebenen schwarzen Figuren (Türme und der Lb7) zu voller Aktivität gelangt sind.
Natürlich folgt auf den ersten Fehler schnell ein zweiter, wie es fast immer zu sein pflegt, wenn man erkannt hat, dass man die Gewinnstellung weggeschmissen hat. Man schmeißt dann auch noch alle verbliebenen Chancen weg, und so tut es Bird.
Ein kritischer Moment war noch der 30. Zug. Auf 30... exf5 hätte Weiß plötzlich die Dd4 schlagen können, weil er mit Dxd4 dann das Feld h8 kontrolliert hätte und Schwarz - anders als in der entsprechenden Variante zum 29. Zug - dann nicht hätte mattsetzen können.
Aber Falkbeer passt an dieser Stelle auf, nimmt auf d2 und überlässt es Bird, die einzige Rettung zu finden, die dieser jedoch verfehlt.
Ja, ein sehr lebhafter, spannender Kampf!
Richtig spannend wird es aber auf jeden Fall nach dem 23. Zug. Der schwarze Springer f5 muss stillhalten, er hat kein gutes Feld (übrigens ist auch 23... Sh6 schlecht, weil nach 24 Lxh6 Txh6 25 Txf7 der Th6 hängt), also gewinnt Weiß eine Figur und ist scheinbar schon auf der Siegerstraße. Aber Schwarz zieht noch alle Register! Er bringt einen Turm auf die g-Linie und öffnet mit einem weiteren Figurenopfer auch noch die Diagonale des Lb7, die sich später als sehr bedeutsam erweisen wird!
Ja, die alten Meister spielten zwar nach heutiger Sicht strategisch schwach, sie konnten aber in zugespitzten Situationen intuitiv pragmatische Entscheidungen treffen.
Und in den entstehenden völlig unübersichtlichen Verwicklungen greift Bird dann ja auch fehl. Ich hätte wahrscheinlich auch völlig arglos 28. exf6?? gespielt! Auf einmal führt der weiße Damengewinn zur Mattsetzung des weißen Königs, weil die drei verbliebenen schwarzen Figuren (Türme und der Lb7) zu voller Aktivität gelangt sind.
Natürlich folgt auf den ersten Fehler schnell ein zweiter, wie es fast immer zu sein pflegt, wenn man erkannt hat, dass man die Gewinnstellung weggeschmissen hat. Man schmeißt dann auch noch alle verbliebenen Chancen weg, und so tut es Bird.
Ein kritischer Moment war noch der 30. Zug. Auf 30... exf5 hätte Weiß plötzlich die Dd4 schlagen können, weil er mit Dxd4 dann das Feld h8 kontrolliert hätte und Schwarz - anders als in der entsprechenden Variante zum 29. Zug - dann nicht hätte mattsetzen können.
Aber Falkbeer passt an dieser Stelle auf, nimmt auf d2 und überlässt es Bird, die einzige Rettung zu finden, die dieser jedoch verfehlt.
Ja, ein sehr lebhafter, spannender Kampf!