Games with comments
Die Frauenweltmeisterinnen des 21. Jh. (VIII): Tan Zhongyi
Vabanque - 13. Mär '25
Nachdem Hou Yifan wegen Unzufriedenheit mit dem Austragungsmodus 2017 aus dem WM-Zyklus der Frauen ausgestiegen war, wurde im gleichen Jahr Tan Zhongyi Frauenweltmeisterin.
Ich bringe allerdings ein 'Frühwerk' von ihr, eine Partie, die sie bereits im Jahre 2011 spielte, die sich aber durch eine beispiellose Opferserie auszeichnet, die im 18. Zug beginnt, und 10 Züge später in eine Stellung mündet, in der sich ihre Gegnerin trotz großem Materialvorsprung nicht mehr vor Matt oder Damenverlust retten kann.
Ich habe mich entschieden, die Eröffungsphase und das anschließende frühe Mittelspiel zu übergehen und die Partie erst ab Einsetzen des Feuerwerks zu kommentieren. Dabei werde ich auch nur die wichtigsten Abzweigungen besprechen, um die Nachspielbarkeit möglichst zu erleichtern:































PGN anzeigen
Ich bringe allerdings ein 'Frühwerk' von ihr, eine Partie, die sie bereits im Jahre 2011 spielte, die sich aber durch eine beispiellose Opferserie auszeichnet, die im 18. Zug beginnt, und 10 Züge später in eine Stellung mündet, in der sich ihre Gegnerin trotz großem Materialvorsprung nicht mehr vor Matt oder Damenverlust retten kann.
Ich habe mich entschieden, die Eröffungsphase und das anschließende frühe Mittelspiel zu übergehen und die Partie erst ab Einsetzen des Feuerwerks zu kommentieren. Dabei werde ich auch nur die wichtigsten Abzweigungen besprechen, um die Nachspielbarkeit möglichst zu erleichtern:
Tan Zhongyi Zhang Xiaowen Chinese League | Chaongqing CHN | 11 | 2011.08.12 | E63 | 1:0
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. d4 Sf6 2. c4 g6 3. Sf3 Lg7 4. g3 O-O 5. Lg2 d6 6. O-O Sc6 7. Sc3 a6 8. b3 Tb8 9. Sd5 Sd7 10. Lb2 e6 11. Sc3 Se7 12. a4 f5 13. Te1 e5 14. e4 xd4 15. Sxd4 Sc5 16. xf5 Sxf5 17. Sd5 Schwarz hat die Eröffnungsphase nicht besonders gut behandelt, und Weiß steht bereits deutlich besser. Der folgende schwarze Zug gibt Tan die Gelegenheit zu einer bemerkenswerten, sehr langzügigen Kombination. c6 18. Sxf5! Ob Tan hier schon die Stellung nach dem 28. Zug vor ihrem geistigen Auge gesehen hat? Ausschließen würde ich es nicht. Lxb2 19. Sde7+ Kh8 20. Dd2! Der einzige Weg für Weiß, aus der Stellung etwas herauszuholen. Die Dame schielt nach h6. Lxa1 21. Sxg6+! Bei diesem weiteren Opfer handelt es sich allerdings bereits um ein Scheinopfer, das Schwarz gar nicht annehmen darf, weil sie sonst matt wird. Kg8! 22. Ld5+ Im Opferstil geht es weiter! xd5 23. Dxd5+ Le6 24. Txe6 Sxe6? Ein letzter kritischer Moment.
Besser war auf alle Fälle Txf5!? 25. Te8+ Wahrscheinlich nahm die Schwarzspielerin wegen dieses Abzugsschachs Abstand von dieser Variante, allerdings hat Weiß trotz Eroberung der Dame keinen unmittelbaren Gewinn, wie sich zeigt: Kg7 26. Dg8+ Kh6 27. Txd8 Txd8 28. Dxd8 xg6 29. Dxd6 Se4 30. Dd1 Lh8 31. f3 mit einer äußerst selten vorkommenden, schrägen Materialverteilung. Dass Stockfish Weiß in der entstandenen Position um mehr als 3 Bauerneinheiten im Vorteil sieht, überrascht (mich) doch sehr. Allerdings hat Schwarz natürlich sowohl mit einer exponierten Königsstellung wie auch mit mangelhafter Zusammenarbeit seiner Figuren zu kämpfen. Der Bauer b7 dürfte außerdem schwach sein.
25. Dxe6+ Tf7 26. Sh6+ Kg7 27. Dxf7+ Kxh6 28. Se7 Eine kuriose Situation: Weiß sind lediglich zwei Figuren verblieben (die Bauern nicht mitgerechnet), und Schwarz hat einen Turm mehr (wenn man wieder von Bauern absieht), aber ihre Figuren stehen so unglücklich (und ihr König so entblößt), dass sie ohne Verteidigung ist, das Springerschach auf f7 wird auf jeden Fall vernichtend wirken. Df8 Von allen Verteidigungen die schlechteste, sie erlaubt ein Matt in 5. Aber die einzige Alternative, die Schwarz hat, ist die Hergabe der Dame, entweder sofort auf e7, oder im nächsten Zug auf f5. 29. Sf5+ Kg5 30. h4+ Schwarz gab auf.
Oli1970 - 4 hrs ago
Bei der gespielten Eröffnung handelt es sich um Königsindische Verteidigung, Fianchetto-Variante, konkret die Panno-Variante. Der Zug 7...a6 soll den Vorstoß nach b5 vorbereiten, damit das weiße Zentrum angreifen und ein Spiel am Damenflügel ermöglichen. Zhang schafft es nicht, den grundsätzlichen Spielplan zu verfolgen. Das Mittelspiel findet stattdessen im Zentrum statt, bis Schwarz im Feuer steht.
Tan hat nach 13...e5 einen kleinen positionellen Vorteil, entschied sich für das weniger gute 14.e4 - und Zhang hilft mit 14...exd4 statt Weiß mit 14...f4 einzuengen. Weiß kontrolliert nach 15.Sxd4 nun das Zentrum, verfügt über Raum und damit über notwendige Beweglichkeit. Der schwarze Königsflügel ist bereits ziemlich aufgerissen, von den schwarzen Figuren unterstützen lediglich noch Lg7 und Tf8 die Verteidigung und es droht Se6 mit Gabel auf Dame, Turm und Läufer.
Statt nun mit 15...Se5 den Läufer zu befreien und e6 eine notwendige Deckung zu geben, greift Zhang fehl. Nach 15 oder spätestens 17 Zügen ist die Partie praktisch entschieden.
Tans Sf5 ist spitze. Beide Springer hängen, da zu Lb2. Und doch ist nichts zu machen. Auf gxf5 folgt Lxg7 und ein Verteidiger ist weggeräumt. Auf cxd5 folgt Sxg7 (gedeckt durch Lb2) und Lxe5+. Es gibt kein Entrinnen, andere Züge sind noch verheerender.
Aber auch 20.Dd2 hat mir gut gefallen. Beim ersten Durchsehen habe ich nicht erkannt, dass Tan nun eine Alternative zum Weg durchs Zentrum sucht, nur dass dieser nicht mehr möglich ist. Auf dem ersten Blick sieht es aus, als hätte Schwarz ein paar Stiche setzen und auf Fehler hoffen zu können. Tan muss also mindestens die Züge 18 - 21 vorausgesehen haben und somit auch, dass der Weg über Dd2 führt. Nach 20.Ta2 um den Turm zu retten und folgendem Le5 wäre der weiße Angriff bei hängenden Springern vollständig verpufft. Und es zeigt sich, dass sie mindestens bis 23.Dxd5 gerechnet haben muss, denn plötzlich geht es doch durchs Zentrum. Sehr schön gespielt, davon träumt man doch!
Der Kommentar zum 28. Zug meint vermutlich das drohende Springerschach auf f5 (statt f7, 29.Sf5+ Kg5 30.h4+ Kg4 31.Se3+ nebst matt.)?
Bemerkenswert ist, dass die schwarze Dame erst im 28. Zug (!) überhaupt vom Fleck kommt. Weiß hat die Zwinge so angezogen, dass vorher keine Möglichkeit besteht, die Dame ins Spiel eingreifen zu lassen und mögliche Damenzüge so oder so zum Verlust von Dame und Partie führen.
Wirklich eine tolle Opferpartie! Gut herausgesucht, sehenswert!
Tan hat nach 13...e5 einen kleinen positionellen Vorteil, entschied sich für das weniger gute 14.e4 - und Zhang hilft mit 14...exd4 statt Weiß mit 14...f4 einzuengen. Weiß kontrolliert nach 15.Sxd4 nun das Zentrum, verfügt über Raum und damit über notwendige Beweglichkeit. Der schwarze Königsflügel ist bereits ziemlich aufgerissen, von den schwarzen Figuren unterstützen lediglich noch Lg7 und Tf8 die Verteidigung und es droht Se6 mit Gabel auf Dame, Turm und Läufer.
Statt nun mit 15...Se5 den Läufer zu befreien und e6 eine notwendige Deckung zu geben, greift Zhang fehl. Nach 15 oder spätestens 17 Zügen ist die Partie praktisch entschieden.
Tans Sf5 ist spitze. Beide Springer hängen, da zu Lb2. Und doch ist nichts zu machen. Auf gxf5 folgt Lxg7 und ein Verteidiger ist weggeräumt. Auf cxd5 folgt Sxg7 (gedeckt durch Lb2) und Lxe5+. Es gibt kein Entrinnen, andere Züge sind noch verheerender.
Aber auch 20.Dd2 hat mir gut gefallen. Beim ersten Durchsehen habe ich nicht erkannt, dass Tan nun eine Alternative zum Weg durchs Zentrum sucht, nur dass dieser nicht mehr möglich ist. Auf dem ersten Blick sieht es aus, als hätte Schwarz ein paar Stiche setzen und auf Fehler hoffen zu können. Tan muss also mindestens die Züge 18 - 21 vorausgesehen haben und somit auch, dass der Weg über Dd2 führt. Nach 20.Ta2 um den Turm zu retten und folgendem Le5 wäre der weiße Angriff bei hängenden Springern vollständig verpufft. Und es zeigt sich, dass sie mindestens bis 23.Dxd5 gerechnet haben muss, denn plötzlich geht es doch durchs Zentrum. Sehr schön gespielt, davon träumt man doch!
Der Kommentar zum 28. Zug meint vermutlich das drohende Springerschach auf f5 (statt f7, 29.Sf5+ Kg5 30.h4+ Kg4 31.Se3+ nebst matt.)?
Bemerkenswert ist, dass die schwarze Dame erst im 28. Zug (!) überhaupt vom Fleck kommt. Weiß hat die Zwinge so angezogen, dass vorher keine Möglichkeit besteht, die Dame ins Spiel eingreifen zu lassen und mögliche Damenzüge so oder so zum Verlust von Dame und Partie führen.
Wirklich eine tolle Opferpartie! Gut herausgesucht, sehenswert!
Vabanque - 3 hrs ago
>>Der Kommentar zum 28. Zug meint vermutlich das drohende Springerschach auf f5 (statt f7,<<
Natürlich! Ich sehe erst jetzt, dass ich mich da offenbar verschrieben habe. Aber das ist gar nicht so schlecht, so merke ich, dass der Kommentar wirklich gelesen wurde😁
Andererseits frage ich mich, wie viele solcher meiner Schreibfehler noch unerkannt geblieben sind🤔
Natürlich! Ich sehe erst jetzt, dass ich mich da offenbar verschrieben habe. Aber das ist gar nicht so schlecht, so merke ich, dass der Kommentar wirklich gelesen wurde😁
Andererseits frage ich mich, wie viele solcher meiner Schreibfehler noch unerkannt geblieben sind🤔
Vabanque - 3 hrs ago
Edited
>>Wirklich eine tolle Opferpartie! Gut herausgesucht, sehenswert!<<
Danke für die🌷🌸🌻!
Danke auch für das 'Auffüllen' der Kommentierung der ersten Partiephase bis zum 'Opferreigen'!👍
Ich muss zugeben, bei Tan Zhongyi habe ich mich zunächst bei der Auswahl einer Partie recht schwer getan, denn die meisten ihrer Partien sind recht unspektakulär. Insofern ist das gezeigte Spiel nicht gerade typisch für ihren Stil.
Normalerweise versuche ich ja Partien herauszusuchen, die sowohl spektakulär sind wie auch aus einem wichtigen sportlichen Ereignis stammen. Das hat bei den anderen Frauenweltmeisterinnen (mit Ausnahme von Stefanova, wo meine Auswahl eher ein Missgriff war) besser geklappt; die Partien waren entweder aus einem WM-Kampf oderzumindest einem hochklassigen Turnier oder gar gegen einen Top-GM der Herren (Svidler, Navara).
Es steht jetzt in dieser Reihe noch eine Folge aus, nämlich über die seit 2018 amtierende Frauenweltmeisterin Ju Wenjun. Das wird dann wieder eine Partie aus einem hochklassigen Turnier sein, und, wie ich meine, die beste Partie der ganzen Reihe.
Danke für die🌷🌸🌻!
Danke auch für das 'Auffüllen' der Kommentierung der ersten Partiephase bis zum 'Opferreigen'!👍
Ich muss zugeben, bei Tan Zhongyi habe ich mich zunächst bei der Auswahl einer Partie recht schwer getan, denn die meisten ihrer Partien sind recht unspektakulär. Insofern ist das gezeigte Spiel nicht gerade typisch für ihren Stil.
Normalerweise versuche ich ja Partien herauszusuchen, die sowohl spektakulär sind wie auch aus einem wichtigen sportlichen Ereignis stammen. Das hat bei den anderen Frauenweltmeisterinnen (mit Ausnahme von Stefanova, wo meine Auswahl eher ein Missgriff war) besser geklappt; die Partien waren entweder aus einem WM-Kampf oderzumindest einem hochklassigen Turnier oder gar gegen einen Top-GM der Herren (Svidler, Navara).
Es steht jetzt in dieser Reihe noch eine Folge aus, nämlich über die seit 2018 amtierende Frauenweltmeisterin Ju Wenjun. Das wird dann wieder eine Partie aus einem hochklassigen Turnier sein, und, wie ich meine, die beste Partie der ganzen Reihe.