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Rellstab - Stahlberg 1937

Vabanque - 08. Aug '24
In dem Thread

/forum/thread.html?key=sX8vZIjcfVi5&sv=5

hat SF Alapin2 auf Ludwig Rellstab (1904-1983) aufmerksam gemacht und den Wunsch geäußert, doch eine (gewonnene!) Partie von ihm zu posten.
Ich habe einen Sieg gegen den damals sehr starken Schweden Stahlberg (später GM) herausgesucht, eine Partie, die recht kurz und leicht verständlich ist. Schwieriger wird es schon herauszufinden, was Schwarz hier eigentlich falsch gemacht hat, damit Weiß mit solcher (zumindest scheinbarer) Leichtigkeit im Angriff durchdringen konnte ...

Ludwig Rellstab Gideon Stahlberg Kemeri | Kemeri URS | 2 | 1937.06.17 | C14 | 1:0
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
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g
h
1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sc3 Sf6 4. Lg5 Le7 5. e5 Sfd7 6. Lxe7 Dxe7 7. f4 Bisher alles 'normal'; eine damals wie heute viel gespielte Variante der Französischen Verteidigung. c5?! Aber dies ist bereits ein wenig verdächtig. Normalerweise spielt man zuerst a6 oder O-O, denn nun dringt ein weißer Springer dauerhaft nach d6 ein, wo er sehr unangenehm werden kann. 8. Sb5 O-O Um Sd6+ zu vermeiden, lässt Schwarz lieber Sc7 zu und ist bereit, den Ta8 zu opfern. 9. c3 Solide und gut. Rellstab lässt sich auf das schwarze Opferspiel nicht ein. Er ist nicht bereit, Schwarz die Initiative zu überlassen und vervollständigt lieber seine Bauernkette.
Die nach 9. Sc7 xd4 10. Sxa8 entstehenden Verwicklungen zu analysieren, wäre für die Allgemeinheit sicher weniger interessant.
Sc6 10. Sf3 f6 Da Schwarz die Basis der weißen Bauernkette (das wäre ja b2) nicht angreifen kann, versucht er es mit der Spitze; ein aus ähnlichen Stellungen bekanntes Verfahren. Zumindest in dieser Partie wird er damit aber nie wirkliches Gegenspiel erlangen. 11. Ld3 xe5 12. xe5 xd4 13. xd4 Sb6 Weiter kommt Schwarz nicht mit seinen Angriffen auf das weiße Zentrum. Die Basis der verbliebenen Bauernkette ist d4, aber wie kommt er da heran?
Auf Db4+ käme einfach 14. Dd2 , und der Damentausch würde Schwarz nicht entlasten; im Gegenteil, der weiße Raumvorteil und die bessere Beweglichkeit seiner Figuren würden ihm ein sehr bequemes Spiel sichern.
14. O-O Ld7 15. Sd6 Mit der Betretung dieses Feldes hat sich der Springer Zeit gelassen; Schwarz konnte es ihm aber auch nie verwehren. Le8 Deckt nicht nur b7, sondern möchte dem 'schlechten' (d.h. durch die eigene Bauernkette behinderten) Läufer auf h5 ein gutes Feld verschaffen. Außerdem könnte Schwarz jetzt mit Sc8 den Sd6 'befragen'. Aber der Zug unterbricht auch die Verbindung der Türme. 16. Dc2 h6
Sb4 17. Lxh7+ Kh8 18. Db1 bringt Schwarz keinen Erfolg.
Nach g6 wäre der Le8 völlig eingeschlossen.
17. Sh4 Sehr hübsch; der Springer ist wegen Matt in 2 Zügen nicht zu nehmen, aber auch der Zwischentausch auf f1 würde nichts ändern. Die fehlende Verbindung der Türme! Lh5? Zu spät! Weiß gewinnt nun bereits forciert.
Das Einzige war hier Sd7 , um f8 zu decken.
18. Lh7+ Kh8 19. Sg6+ Lxg6 20. Dxg6 Und nun ist es tatsächlich der Sd6, den Schwarz mit seinem 7. Zug 'eingeladen' hat, der ihm den Todesstoß versetzt. Denn es droht Sf7+ Tf5 Verzweiflung.
Der 'natürliche' Deckungszug Sd8 würde wieder die Verbindung der Türme unterbrechen: 21. Txf8+ Dxf8 22. Tf1 De7 23. Tf7!
23. Sf7+ Sxf7 24. Txf7 Dg5 wäre weniger zwingend
Sxf7
Dg5 scheitert jetzt an 24. Tf8#
24. Sxf7+ Dxf7 25. Dxf7 Kxh7 26. Dxe6 und Weiß hat nicht nur Materialvorteil,, sondern auch noch einen gedeckten Freibauern.
21. Txf5 Weiß tauscht natürlich nicht seinen Monsterspringer gegen den Tf5, sondern droht einfach wieder tödlich Sf7+. Schwarz gab auf; eine von Ludwig Rellstab mit beeindruckender Konsequenz durchgeführte Partie.
PGN anzeigen[Event "Kemeri"]
[Site "Kemeri URS"]
[Date "1937.06.17"]
[Round "2"]
[White "Ludwig Rellstab"]
[Black "Gideon Stahlberg"]
[Result "1-0"]
[WhiteElo "?"]
[BlackElo "?"]
[ECO "C14"]

1. e4 e6 2. d4 d5 3. Nc3 Nf6 4. Bg5 Be7 5. e5 Nfd7 6. Bxe7 Qxe7 7. f4 {Bisher
alles 'normal'; eine damals wie heute viel gespielte Variante der Französischen
Verteidigung.} 7... c5 $6 {Aber dies ist bereits ein wenig verdächtig.
Normalerweise spielt man zuerst a6 oder 0-0, denn nun dringt ein weißer
Springer dauerhaft nach d6 ein, wo er sehr unangenehm werden kann.} 8. Nb5 O-O
{Um Sd6+ zu vermeiden, lässt Schwarz lieber Sc7 zu und ist bereit, den Ta8 zu
opfern.} 9. c3 {Solide und gut. Rellstab lässt sich auf das schwarze Opferspiel
nicht ein. Er ist nicht bereit, Schwarz die Initiative zu überlassen und
vervollständigt lieber seine Bauernkette.} ( {Die nach} 9. Nc7 cxd4 10. Nxa8
{entstehenden Verwicklungen zu analysieren, wäre für die Allgemeinheit sicher
weniger interessant.} ) 9... Nc6 10. Nf3 f6 {Da Schwarz die Basis der weißen
Bauernkette (das wäre ja b2) nicht angreifen kann, versucht er es mit der
Spitze; ein aus ähnlichen Stellungen bekanntes Verfahren. Zumindest in dieser
Partie wird er damit aber nie wirkliches Gegenspiel erlangen.} 11. Bd3 fxe5 12.
fxe5 cxd4 13. cxd4 Nb6 {Weiter kommt Schwarz nicht mit seinen Angriffen auf das
weiße Zentrum. Die Basis der verbliebenen Bauernkette ist d4, aber wie kommt er
da heran?} ( {Auf} 13... Qb4+ {käme einfach} 14. Qd2 {, und der Damentausch
würde Schwarz nicht entlasten; im Gegenteil, der weiße Raumvorteil und die
bessere Beweglichkeit seiner Figuren würden ihm ein sehr bequemes Spiel
sichern.} ) 14. O-O Bd7 15. Nd6 {Mit der Betretung dieses Feldes hat sich der
Springer Zeit gelassen; Schwarz konnte es ihm aber auch nie verwehren.} 15...
Be8 {Deckt nicht nur b7, sondern möchte dem 'schlechten' (d.h. durch die eigene
Bauernkette behinderten) Läufer auf h5 ein gutes Feld verschaffen. Außerdem
könnte Schwarz jetzt mit Sc8 den Sd6 'befragen'. Aber der Zug unterbricht auch
die Verbindung der Türme.} 16. Qc2 h6 (16... Nb4 17. Bxh7+ Kh8 18. Qb1 {bringt
Schwarz keinen Erfolg.} ) ( {Nach} 16... g6 {wäre der Le8 völlig
eingeschlossen.} ) 17. Nh4 {Sehr hübsch; der Springer ist wegen Matt in 2 Zügen
nicht zu nehmen, aber auch der Zwischentausch auf f1 würde nichts ändern. Die
fehlende Verbindung der Türme!} 17... Bh5 $2 {Zu spät! Weiß gewinnt nun bereits
forciert.} ( {Das Einzige war hier} 17... Nd7 {, um f8 zu decken.} ) 18. Bh7+
Kh8 19. Ng6+ Bxg6 20. Qxg6 {Und nun ist es tatsächlich der Sd6, den Schwarz mit
seinem 7. Zug 'eingeladen' hat, der ihm den Todesstoß versetzt. Denn es droht
Sf7+} 20... Rf5 {Verzweiflung.} ( {Der 'natürliche' Deckungszug} 20... Nd8
{würde wieder die Verbindung der Türme unterbrechen: } 21. Rxf8+ Qxf8 22. Rf1
Qe7 23. Rf7 $1 (23. Nf7+ Nxf7 24. Rxf7 Qg5 {wäre weniger zwingend} ) 23... Nxf7
(23... Qg5 {scheitert jetzt an} 24. Rf8#) 24. Nxf7+ Qxf7 25. Qxf7 Kxh7 26. Qxe6
{und Weiß hat nicht nur Materialvorteil,, sondern auch noch einen gedeckten
Freibauern. } ) 21. Rxf5 {Weiß tauscht natürlich nicht seinen Monsterspringer
gegen den Tf5, sondern droht einfach wieder tödlich Sf7+. Schwarz gab auf; eine
von Ludwig Rellstab mit beeindruckender Konsequenz durchgeführte Partie.} 1-0
Vabanque - 09. Aug '24
Kommentare dazu finden offenbar auch im 'Ursprungsthread'

/forum/thread.html?key=sX8vZIjcfVi5&sv=9

statt.
Oli1970 - 10. Aug '24
7... c5 stellt offenbar die Weichen für das folgende Angriffsspiel von Rellstab, der seine Initiative danach beibehalten kann. Der Rest ist fast schon folgerichtig, wenn man so will - dementsprechend gibt es der Partie nichts mehr hinzuzufügen.
19. Sg6+ droht nicht nur mit Damengewinn und erzwingt Lxg6, da ist auch eine hübsche Mattdrohung versteckt: ... Kxh7 Sxf8 nebst Dh7#.

Ich wollte wissen, wo der schwarze Fehler lag, der die Partie zum Kippen brachte und habe noch den Rechner befragt. Demnach hätte die Fortsetzung 17... Lh5 einen Zug eher kommen müssen: 16... Lh5 17. Lxh7 Kh8 18. Lg6 Lxf3 hätte für Ausgleich gesorgt. Insofern ist der 16. Zug von Stahlberg als Ungenauigkeit zu identifizieren, der 17. Zug dann als Nagel zum Sarg.

Danke fürs Zeigen und Kommentieren der Partie!