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Spannende Remispartien (IV)

Vabanque - 21. Dez '24
Nun bringe ich noch die letzte der bereits fertig kommentierten Remispartien. (5 weitere sind von mir bereits ausgewählt, aber entweder noch gar nicht oder noch nicht fertig kommentiert.)

Vorliegende Partie wurde auf der Schacholympiade in Varna 1962 zwischen dem belgischen GM (irischer Herkunft) O'Kelly de Galway und dem britischen IM (später ebenfalls GM) Penrose gespielt.

Penrose rochiert da mit Schwarz mutig in den zu erwartenden weißen Angriff hinein. Scheinbar wird er dafür auch bestraft, denn ein 'Hineinziehungsopfer' der weißen Dame treibt seinen König von g8 bis nach f4. Aber dann reicht es eben doch nicht ganz zur Mattsetzung, und Weiß muss sich letzten Endes mit Zugwiederholung begnügen.

Auch die von beiden Spielern nach der Partie vorgenommenen Analysen konnten für keine der beiden Seiten bessere Möglichkeiten finden, als die Züge zu wiederholen.

Der amerikanische GM Larry Evans schrieb über dieses Remis, es sei faszinierender als viele Gewinnpartien.

In der Kommentierung habe ich mich nur auf die nötigsten Varianten beschränkt, um die Lektüre der Kommentare unterhaltsam statt anstrengend zu gestalten. Eine 'erschöpfende' Analyse der Partie würde viele Seiten füllen. (Und sie würde im wahrsten Sinne des Wortes zur Erschöpfung führen.)

Alberic O'Kelly de Galway Jonathan Penrose Varna ol (Men) fin-B | Varna BUL | 1 | 1962.09.27 | B47 | 1/2-1/2
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
1. e4 c5 2. Sf3 Sc6 3. d4 xd4 4. Sxd4 e6 5. Sc3 Dc7 6. Le2 a6 7. O-O Sf6 8. Le3 Lb4 9. Sxc6 xc6 10. Ld3 Weiß deckt den e-Bauern und spekuliert zugleich auf den nächsten schwarzen Zug, nach dem der Ld3 eine freie Diagonale bekommen wird. d5 11. xd5 xd5 Schwarz hat nun 2 Bauern im Zentrum, Weiß keinen. Aber der belgische GM verlässt sich auf den alten Nimzowitsch-Grundsatz, dass es genügt, das Zentrum mit Figuren zu kontrollieren. Besetzung mit Bauern ist unnötig. 12. Ld4 Le7 13. Te1 O-O Der Brite rochiert ohne Angst in den zu erwartenden Angriff hinein. 14. Df3 Lb7 15. Te3 Tfe8 16. Tae1 Tad8 17. Dh3 Die Aufstellung der weißen Figuren ist abgeschlossen. Schon droht Lxf6 nebst Dxh7+. Se4! Penrose bleibt cool und findet die einzige wirklich befriedigende Verteidigung.
g6? wäre ganz schlecht wegen 18. Tf3 , z.B. Se4 19. Dxh7+ Kxh7 20. Th3+ nebst Matt.
18. Dh5! Auch Weiß ist auf der Höhe. Das Feld h3 wird für den Te3 frei gemacht.
Ein Bauer ist auf e4 nicht zu gewinnen wegen 18. Sxe4 xe4 19. Lxe4 Lxe4
bloß nicht Txd4?? wegen Matt in 2 Zügen!
20. Txe4 Dxc2 , und die gefährlichste weiße Angriffsfigur, der weißfeldrige Läufer, ist getauscht.
Aber 18. f3? ist erst recht nutzlos wegen f5! , und nach 19. xe4 xe4 gewinnt Schwarz die Figur mit Vorteil zurück.
Lf6 Schwarz hat sich dem mächtigen weißen Läuferpaar gut entgegen gestemmt. 19. Sxe4
19. Txe4 xe4 20. Lxf6 xf6 21. Lxe4 f5 22. Lxf5 xf5 23. Dg5+ führt ebenfalls zum Remis. Kf8 24. Dh6+
Und mit 19. Lxe4 Lxd4 20. Lxh7+ Kf8 21. Tf3 Lf6 würde Weiß zwar einen Bauern gewinnen, aber sein Angriff wäre aus, und die schwarzen Figuren stünden nun alle gut.
Lxd4 20. Dxh7+ Ein mutiges Opfer? Nein, der Belgier hat durchgerechnet, dass er mindestens Zugwiederholung herausholen kann. Er hoffte allerdings insgeheim, dass sich mehr ergeben würde. Kxh7
Nach der Ablehnung des Opfers Kf8? wäre das weiße Qualitätsopfer 21. Sg3 Lxe3 22. Txe3 sehr stark, es würde bereits 23. Sf5 exf5 Dh8# drohen.
21. Sf6+ Kh6 Der König muss herauslaufen, sonst erfolgt sofortiges Matt. 22. Th3+ Kg5 23. Sh7+ Kg4 Seit dem Damenopfer hatte Schwarz nie eine Wahl.
Lustig wäre Kf4?? 24. Th4#
24. Le2+
Das 'Unglück' von Weiß ist der gefesselte f-Bauer. Auf 24. Kf1? (entfesselt den Bauern und droht f3+ nebst Th4#) schlägt Schwarz einfach den Bauern: Lxf2 25. Kxf2 Df4+
Kf4 25. Ld3 Damit der schwarze König nicht über e5 entwischt (25. Th4+?? Ke5), findet Weiß keine bessere Möglichkeit, als die Stellung zu wiederholen. (In der Tat würde jeder andere Zug verlieren.) Jetzt droht wieder Th4#. Kg4 Auch Schwarz wagt es nicht, der Stellungswiederholung auszuweichen, da die Folgen am Brett unübersehbar wären. Spätere Analysen haben bestätigt, dass andere Verteidigungen gegen Th4# entweder ebenfalls zu Remis oder (z.B. g5) sogar zu schwarzem Verlust geführt hätten. (Die Engine schließt sich dieser Meinung übrigens an.) Interessenten mögen sich gerne selbständig mit dieser Stellung beschäftigen. 26. Le2+ Kf4 27. Ld3 Kg4
PGN anzeigen[Event "Varna ol (Men) fin-B"]
[Site "Varna BUL"]
[Date "1962.09.27"]
[Round "1"]
[White "Alberic O'Kelly de Galway"]
[Black "Jonathan Penrose"]
[Result "1/2-1/2"]
[WhiteElo "?"]
[BlackElo "?"]
[ECO "B47"]

1. e4 c5 2. Nf3 Nc6 3. d4 cxd4 4. Nxd4 e6 5. Nc3 Qc7 6. Be2 a6 7. O-O Nf6 8.
Be3 Bb4 9. Nxc6 bxc6 10. Bd3 {Weiß deckt den e-Bauern und spekuliert zugleich
auf den nächsten schwarzen Zug, nach dem der Ld3 eine freie Diagonale bekommen
wird.} 10... d5 11. exd5 cxd5 {Schwarz hat nun 2 Bauern im Zentrum, Weiß
keinen. Aber der belgische GM verlässt sich auf den alten
Nimzowitsch-Grundsatz, dass es genügt, das Zentrum mit Figuren zu
kontrollieren. Besetzung mit Bauern ist unnötig.} 12. Bd4 Be7 13. Re1 O-O {Der
Brite rochiert ohne Angst in den zu erwartenden Angriff hinein.} 14. Qf3 Bb7
15. Re3 Rfe8 16. Rae1 Rad8 17. Qh3 {Die Aufstellung der weißen Figuren ist
abgeschlossen. Schon droht Lxf6 nebst Dxh7+.} 17... Ne4 $1 {Penrose bleibt cool
und findet die einzige wirklich befriedigende Verteidigung.} (17... g6 $2
{wäre ganz schlecht wegen} 18. Rf3 {, z.B. } 18... Ne4 19. Qxh7+ Kxh7 20. Rh3+
{nebst Matt.} ) 18. Qh5 $1 {Auch Weiß ist auf der Höhe. Das Feld h3 wird für
den Te3 frei gemacht.} ( {Ein Bauer ist auf e4 nicht zu gewinnen wegen} 18.
Nxe4 dxe4 19. Bxe4 Bxe4 ( {bloß nicht} 19... Rxd4 $4 {wegen Matt in 2 Zügen!} )
20. Rxe4 Qxc2 {, und die gefährlichste weiße Angriffsfigur, der weißfeldrige
Läufer, ist getauscht.} ) ( {Aber} 18. f3 $2 {ist erst recht nutzlos wegen}
18... f5 $1 {, und nach} 19. fxe4 dxe4 {gewinnt Schwarz die Figur mit Vorteil
zurück.} ) 18... Bf6 {Schwarz hat sich dem mächtigen weißen Läuferpaar gut
entgegen gestemmt.} 19. Nxe4 (19. Rxe4 dxe4 20. Bxf6 gxf6 21. Bxe4 f5 22. Bxf5
exf5 23. Qg5+ {führt ebenfalls zum Remis.} 23... Kf8 24. Qh6+) ( {Und mit} 19.
Bxe4 Bxd4 20. Bxh7+ Kf8 21. Rf3 Bf6 {würde Weiß zwar einen Bauern gewinnen,
aber sein Angriff wäre aus, und die schwarzen Figuren stünden nun alle gut.} )
19... Bxd4 20. Qxh7+ {Ein mutiges Opfer? Nein, der Belgier hat durchgerechnet,
dass er mindestens Zugwiederholung herausholen kann. Er hoffte allerdings
insgeheim, dass sich mehr ergeben würde.} 20... Kxh7 ( {Nach der Ablehnung des
Opfers} 20... Kf8 $2 {wäre das weiße Qualitätsopfer} 21. Ng3 Bxe3 22. Rxe3
{sehr stark, es würde bereits 23. Sf5 exf5 Dh8# drohen.} ) 21. Nf6+ Kh6 {Der
König muss herauslaufen, sonst erfolgt sofortiges Matt.} 22. Rh3+ Kg5 23. Nh7+
Kg4 { Seit dem Damenopfer hatte Schwarz nie eine Wahl.} ( {Lustig wäre} 23...
Kf4 $4 24. Rh4#) 24. Be2+ ( {Das 'Unglück' von Weiß ist der gefesselte f-Bauer. Auf} 24. Kf1 $2 {(entfesselt den Bauern und droht f3+ nebst Th4#) schlägt
Schwarz einfach den Bauern:} 24... Bxf2 25. Kxf2 Qf4+) 24... Kf4 25. Bd3 {Damit der
schwarze König nicht über e5 entwischt (25. Th4+?? Ke5), findet Weiß keine bessere Möglichkeit,
als die Stellung zu wiederholen. (In der Tat würde jeder andere Zug verlieren.)
Jetzt droht wieder Th4#.} 25... Kg4 {Auch Schwarz wagt es nicht, der
Stellungswiederholung auszuweichen, da die Folgen am Brett unübersehbar wären. Spätere Analysen haben bestätigt, dass
andere Verteidigungen gegen Th4# entweder ebenfalls zu Remis oder (z.B. g5) sogar zu
schwarzem Verlust geführt hätten. (Die Engine schließt sich dieser Meinung übrigens an.) Interessenten mögen sich gerne selbständig mit dieser Stellung beschäftigen.} 26. Be2+ Kf4 27. Bd3 Kg4 1/2-1/2