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Spannende Remispartien (VII): Ivanchuk - Kramnik 2009

Vabanque - 30. Jan '25
Es ist durchaus geplant, die Reihe über die Frauenweltmeisterinnen fortzuführen (ob vollständig mit allen 9 Damen, die im 21. Jh. den Titel errangen, oder eher mit einer Auswahl der bekannteren Namen, weiß ich angesichts der Interessenlage noch nicht so recht), aber zur Abwechslung kommt zuerst mal wieder eine (hoffentlich) spannende Remispartie.

Diesmal sind unsere 'alten Bekannten' Ivanchuk und Kramnik am Werk, und die Partie wurde 2009 im Tal Memorial Moskau gespielt.
Kramnik hatte mit Schwarz die Eröffnung und das frühe Mittelspiel ein wenig schematisch behandelt und sah sich urplötzlich einem verheerenden Königsangriff Ivanchuks gegenüber. Wie der viel geschmähte Kramnik aber die Nerven behielt und in ausgesprochen kaltblütiger Weise die Situation haarscharf noch retten konnte, indem er die verborgenen Ressourcen seiner Stellung entdeckte und nutzte, das finde ich schon sehenswert.

Vassily Ivanchuk Vladimir Kramnik Tal Memorial | Moscow RUS | 9 | 2009.11.14 | D39 | 1/2-1/2
8
7
6
5
4
3
2
a
1
b
c
d
e
f
g
h
1. Sf3 d5 2. d4 Sf6 3. c4 e6 4. Sc3 xc4 5. e4 Lb4 Droht Sxe4, so dass Weiß seinen Bauern nicht sofort auf c4 zurückgewinnen kann. 6. Lg5 h6 Kramnik folgt dem alten Grundsatz Nimzowitschs, die fesselnde Figur sofort zu 'befragen'. 7. Lxf6 Fast erzwungen, da sonst nach g7-g5 der weiße e-Bauer verloren ginge. Dxf6 8. e5 Weiß hätte hier und später auch gleich auf c4 schlagen können, aber Schwarz hätte immer mit c7-c5 das weiße Zentrum beschießen können. Dd8 9. Da4+ Erzwingt die Verstellung des schwarzen c-Bauern, so dass Schwarz momentan nicht zu c7-c5 kommt. Sc6 10. Lxc4 Ld7 Greift verdeckt die weiße Dame an und droht Lxc3+ nebst Sxd4 oder Sxe5. 11. Dc2 Sa5 Der Randspringer macht mit Tempo (Angriff auf den Lc4) den Weg für den c-Bauern frei, der mit Verspätung nun doch das weiße Zentrum bombardieren wird. 12. Ld3 c5 13. xc5 Tc8 Der Turm möchte der weißen Dc2 Unbehagen bereiten. Tarrasch schrieb ja einst in seinem Lehrbuch, man sollte eine Dame nie auf die Linie eines gegnerischen Turms stellen, auch wenn noch so viele Steine dazwischen stehen. Aber dieser Idealzustand lässt sich nur selten erfüllen. 14. a3 Lxc5 15. O-O
Der scheinbare Figurgewinn durch die Gabel 15. b4? erweist sich nach Lb6 als illusorisch: auf 16. xa5?? Lxa5 bekäme Schwarz die Figur mit weit überlegenem Spiel zurück.
O-O Immer noch braucht sich Schwarz vor der Bauerngabel nicht zu fürchten. Nun halten sich seine Figuren aber hauptsächlich am Damenflügel auf; die Rochadestellung ist nur schwach verteidigt. 16. Tad1 Le7?! Bereitet eventuelles Sc4 vor, aber Schwarz gerät überraschend schnell in eine passive Stellung und in einen heftigen Angriff auf seinen König. 17. De2 Verhindert nicht nur Sc4, sondern bereitet auch eine Dame-Läufer-Batterie auf der Diagonalen b1-h7 vor. Zudem weicht die weiße Dame dem Gegenüber des Tc8 aus. Dc7 Auch die schwarze Dame hat sich in der Linie des Td1 nicht wohlgefühlt. 18. De4 Die erwähnte Dame-Läufer-Batterie. Die Mattdrohung erzwingt die folgende Schwächung. (Würden Dame und Läufer in umgekehrter Reihenfolge stehen, wäre die Batterie harmlos, es würde nur ein Schach auf h7 drohen. Beim Läufer muss die Dame 'vorn' stehen. Bei einer Turm-Dame-Batterie, z.B. auf der h-Linie, ist es oft günstiger, wenn der Turm vorn steht.) g6 19. Dg4 Nun muss Kramnik mit einem Opfer auf g6 rechnen. Kg7 20. Se2 Verstärkung rückt an. Schon 4 weiße Angreifer am Königsflügel und nur 2 schwarze Verteidiger! Kann das für Kramnik noch gut ausgehen? Lc6?! Schwarz möchte ggf. den weißen Sf3 tauschen. Aber für eine solche Aktivierung des Läufers hat Schwarz kaum Zeit, er hätte wohl besser gleich Tg8 gespielt. Übrigens nimmt der Läuferzug dem Sa5 auch ein potentielles Rückzugsfeld nach weißem b4. 21. Sf4! Jetzt droht ganz plötzlich vielerlei: Opfer auf g6 mit Springer oder Läufer, sowie Opfer auf e6.
21. b4? gewinnt momentan aber noch keine Figur, denn Schwarz kann auf f3 tauschen (und damit eine weiße Angriffsfigur eliminieren) und danach den Sa5 ziehen.
Tg8! Noch das einzige: der schwarze König erhält in manchen Varianten das Feld f8, in anderen bekommt g6 eine zusätzliche Deckung.
Lxf3? ginge jetzt trotz Bedrohung der weißen Dame nicht wegen 22. Sxe6+! Kg8 (der Se6 ist wegen Matt in 2 tabu) 23. xf3! Dxe5 (der Se6 kann immer noch nicht genommen werden) 24. Sxf8 mit Qualitätsgewinn bei anhaltendem Angriff.
22. Sd4 Am stärksten. Wieder drohen die ganzen Opfer auf g6 und e6.
Das überhastete 22. Sxg6? funktioniert nicht wegen Lxf3! (jetzt stark!) 23. xf3 xg6 und Weiß darf nicht auf g6 zugreifen: 24. Dxg6+?? Kh8 und die weiße Dame ist verloren! Man erkennt nun eine weitere Verteidigungs-Finesse von Tg8.
Kh7 Wieder die einzige Chance. Ein Ritt über den Abgrund! Kramnik ist aber nach zeitweise etwas nachlässigem Spiel nun auf der Höhe des Geschehens. 23. h4 'Chucky' setzt den Angriff auf den Punkt g6 konsequent fort.
Er hat sicher auch das sofortige Opfer 23. Sxe6! erwogen, das nach xe6? 24. Sxg6 Gewinn ergibt, doch wie ginge es nach der Ablehnung 23... Dxe5 weiter? Offenbar fand Ivanchuk hier am Brett keine klare Fortsetzung. So ist es oft: man sieht starke Züge, aber man kann die Folgezüge nicht ebenso klar sehen. Tröstlich für uns, dass es auch den Besten so geht.
Dxe5 24. h5?! Aber dieser Zug, so stark er aussieht (g6 fällt doch nun?), verschenkt den Vorteil. Auf d4 nehmen kann die schwarze Dame jetzt jedenfalls nicht wegen Lxg6+ mit Damengewinn.
Er hätte nun das Opfer 24. Sxe6! bringen müssen, auch wenn die Fortsetzung am Brett kaum zu berechnen war.
Kh8!! Man glaubt es kaum, aber nach diesem Zug kann Weiß nichts mehr herausholen. Schwarz droht nun Dxd4, während vor dem Königszug dieser Springer durch den Abzug Lxg6+ indirekt gedeckt gewesen war. Also zieht Weiß den Springer mit Tempo weg und nimmt dann auf g6. 25. Sxc6 Sxc6 26. xg6 Ziel erreicht? f5! Das Einzige, aber ausreichend. Nun muss die weiße Dame den Sf4 gedeckt halten und findet dafür kein gutes Feld: auf Dg3 käme Lg5, auf Df3 folgt Sd4. 27. g7+ Aber kommt Weiß auf diese Weise denn nicht doch noch in Vorteil? Nimmt die schwarze Dame, fällt nach Damentausch e6, nimmt der Turm, so gewinnt Weiß doch die Qualität? Txg7! 28. Sg6+ Kg8! Der scheinbare Qualitätsgewinn war eine Fata Morgana gewesen; nun hängen beide Damen. 29. Sxe5 xg4 Deswegen durfte der schwarze König im 28. Zug nicht nach h7 gehen, denn in dem Fall wäre jetzt der f-Bauer gefesselt und könnte nicht schlagen!
xg4 Der weiße Angriff ist abgeschlagen, und Schwarz hat nun sogar einen Mehrbauern, aber nach z.B. 30. Lc4 Sd8 (nicht Sxe5?? wegen Lxe6+ mit Gewinn des Tc8!) 31. Tfe1 besitzt Weiß ausreichende Kompensation. Auf dem Spielniveau der beiden Protagonisten hat keiner mehr Gewinnchancen. (Die Engine bestätigt dies mit einer 0,00-Bewertung.) Daher: Remis. Ein schöner Angriff von Ivanchuk, der auf Grund der herausragenden Verteidigungsleistung von Kramnik nicht ganz den Sieg erbrachte. Aber jedenfalls eine Partie, die beiden Kämpfern zur Ehre gereicht, und außerdem ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass auch auf allerhöchster Ebene eine überlegene Stellung noch nicht automatisch gewonnen ist. In schwierigen Stellungen stecken eben häufig noch überraschende Verteidigungsmöglichkeiten - man muss sie 'nur' finden können!
PGN anzeigen[Event "Tal Memorial"]
[Site "Moscow RUS"]
[Date "2009.11.14"]
[Round "9"]
[White "Vassily Ivanchuk"]
[Black "Vladimir Kramnik"]
[Result "1/2-1/2"]
[WhiteElo "?"]
[BlackElo "?"]
[ECO "D39"]

1. Nf3 d5 2. d4 Nf6 3. c4 e6 4. Nc3 dxc4 5. e4 Bb4 {Droht Sxe4, so dass Weiß
seinen Bauern nicht sofort auf c4 zurückgewinnen kann.} 6. Bg5 h6 {Kramnik
folgt dem alten Grundsatz Nimzowitschs, die fesselnde Figur sofort zu
'befragen'.} 7. Bxf6 {Fast erzwungen, da sonst nach g7-g5 der weiße e-Bauer
verloren ginge.} 7... Qxf6 8. e5 {Weiß hätte hier und später auch gleich auf c4
schlagen können, aber Schwarz hätte immer mit c7-c5 das weiße Zentrum
beschießen können.} 8... Qd8 9. Qa4+ {Erzwingt die Verstellung des schwarzen
c-Bauern, so dass Schwarz momentan nicht zu c7-c5 kommt.} 9... Nc6 10. Bxc4 Bd7
{Greift verdeckt die weiße Dame an und droht Lxc3+ nebst Sxd4 oder Sxe5.} 11.
Qc2 Na5 {Der Randspringer macht mit Tempo (Angriff auf den Lc4) den Weg für den
c-Bauern frei, der mit Verspätung nun doch das weiße Zentrum bombardieren
wird.} 12. Bd3 c5 13. dxc5 Rc8 {Der Turm möchte der weißen Dc2 Unbehagen
bereiten. Tarrasch schrieb ja einst in seinem Lehrbuch, man sollte eine Dame
nie auf die Linie eines gegnerischen Turms stellen, auch wenn noch so viele
Steine dazwischen stehen. Aber dieser Idealzustand lässt sich nur selten
erfüllen.} 14. a3 Bxc5 15. O-O ( {Der scheinbare Figurgewinn durch die Gabel}
15. b4 $2 {erweist sich nach} 15... Bb6 {als illusorisch: auf} 16. bxa5 $4 Bxa5
{bekäme Schwarz die Figur mit weit überlegenem Spiel zurück.} ) 15... O-O
{Immer noch braucht sich Schwarz vor der Bauerngabel nicht zu fürchten. Nun
halten sich seine Figuren aber hauptsächlich am Damenflügel auf; die
Rochadestellung ist nur schwach verteidigt.} 16. Rad1 Be7 $6 {Bereitet
eventuelles Sc4 vor, aber Schwarz gerät überraschend schnell in eine passive
Stellung und in einen heftigen Angriff auf seinen König.} 17. Qe2 {Verhindert
nicht nur Sc4, sondern bereitet auch eine Dame-Läufer-Batterie auf der
Diagonalen b1-h7 vor. Zudem weicht die weiße Dame dem Gegenüber des Tc8 aus.}
17... Qc7 {Auch die schwarze Dame hat sich in der Linie des Td1 nicht
wohlgefühlt.} 18. Qe4 {Die erwähnte Dame-Läufer-Batterie. Die Mattdrohung
erzwingt die folgende Schwächung. (Würden Dame und Läufer in umgekehrter
Reihenfolge stehen, wäre die Batterie harmlos, es würde nur ein Schach auf h7
drohen. Beim Läufer muss die Dame 'vorn' stehen. Bei einer Turm-Dame-Batterie,
z.B. auf der h-Linie, ist es oft günstiger, wenn der Turm vorn steht.)} 18...
g6 19. Qg4 {Nun muss Kramnik mit einem Opfer auf g6 rechnen.} 19... Kg7 20. Ne2
{Verstärkung rückt an. Schon 4 weiße Angreifer am Königsflügel und nur 2
schwarze Verteidiger! Kann das für Kramnik noch gut ausgehen?} 20... Bc6 $6
{Schwarz möchte ggf. den weißen Sf3 tauschen. Aber für eine solche Aktivierung
des Läufers hat Schwarz kaum Zeit, er hätte wohl besser gleich Tg8 gespielt.
Übrigens nimmt der Läuferzug dem Sa5 auch ein potentielles Rückzugsfeld nach
weißem b4.} 21. Nf4 $1 {Jetzt droht ganz plötzlich vielerlei: Opfer auf g6 mit
Springer oder Läufer, sowie Opfer auf e6. } (21. b4 $2 {gewinnt momentan aber
noch keine Figur, denn Schwarz kann auf f3 tauschen (und damit eine weiße
Angriffsfigur eliminieren) und danach den Sa5 ziehen.} ) 21... Rg8 $1 {Noch das
einzige: der schwarze König erhält in manchen Varianten das Feld f8, in anderen
bekommt g6 eine zusätzliche Deckung.} (21... Bxf3 $2 {ginge jetzt trotz
Bedrohung der weißen Dame nicht wegen} 22. Nxe6+ $1 Kg8 {(der Se6 ist wegen
Matt in 2 tabu)} 23. gxf3 $1 Qxe5 {(der Se6 kann immer noch nicht genommen
werden)} 24. Nxf8 {mit Qualitätsgewinn bei anhaltendem Angriff.} ) 22. Nd4 {Am
stärksten. Wieder drohen die ganzen Opfer auf g6 und e6.} ( {Das überhastete}
22. Nxg6 $2 {funktioniert nicht wegen} 22... Bxf3 $1 {(jetzt stark!)} 23. gxf3
fxg6 {und Weiß darf nicht auf g6 zugreifen:} 24. Qxg6+ $4 Kh8 {und die weiße
Dame ist verloren! Man erkennt nun eine weitere Verteidigungs-Finesse von Tg8.}
) 22... Kh7 {Wieder die einzige Chance. Ein Ritt über den Abgrund! Kramnik ist
aber nach zeitweise etwas nachlässigem Spiel nun auf der Höhe des Geschehens.}
23. h4 {'Chucky' setzt den Angriff auf den Punkt g6 konsequent fort.} ( {Er
hat sicher auch das sofortige Opfer} 23. Ndxe6 $1 {erwogen, das nach} 23...
fxe6 $2 24. Nxg6 {Gewinn ergibt, doch wie ginge es nach der Ablehnung 23...
Dxe5 weiter? Offenbar fand Ivanchuk hier am Brett keine klare Fortsetzung. So
ist es oft: man sieht starke Züge, aber man kann die Folgezüge nicht ebenso
klar sehen. Tröstlich für uns, dass es auch den Besten so geht.} ) 23... Qxe5
24. h5 $6 { Aber dieser Zug, so stark er aussieht (g6 fällt doch nun?),
verschenkt den Vorteil. Auf d4 nehmen kann die schwarze Dame jetzt jedenfalls
nicht wegen Lxg6+ mit Damengewinn.} ( {Er hätte nun das Opfer} 24. Ndxe6 $1
{bringen müssen, auch wenn die Fortsetzung am Brett kaum zu berechnen war.} )
24... Kh8 $3 {Man glaubt es kaum, aber nach diesem Zug kann Weiß nichts mehr
herausholen. Schwarz droht nun Dxd4, während vor dem Königszug dieser Springer
durch den Abzug Lxg6+ indirekt gedeckt gewesen war. Also zieht Weiß den
Springer mit Tempo weg und nimmt dann auf g6.} 25. Nxc6 Nxc6 26. hxg6 {Ziel
erreicht?} 26... f5 $1 {Das Einzige, aber ausreichend. Nun muss die weiße Dame
den Sf4 gedeckt halten und findet dafür kein gutes Feld: auf Dg3 käme Lg5, auf
Df3 folgt Sd4.} 27. g7+ {Aber kommt Weiß auf diese Weise denn nicht doch noch
in Vorteil? Nimmt die schwarze Dame, fällt nach Damentausch e6, nimmt der Turm,
so gewinnt Weiß doch die Qualität?} 27... Rxg7 $1 28. Ng6+ Kg8 $1 {Der
scheinbare Qualitätsgewinn war eine Fata Morgana gewesen; nun hängen beide
Damen.} 29. Nxe5 fxg4 {Deswegen durfte der schwarze König im 28. Zug nicht nach
h7 gehen, denn in dem Fall wäre jetzt der f-Bauer gefesselt und könnte nicht
schlagen!} (29... fxg4 {Der weiße Angriff ist abgeschlagen, und Schwarz hat
nun sogar einen Mehrbauern, aber nach z.B.} 30. Bc4 Nd8 {(nicht Sxe5?? wegen
Lxe6+ mit Gewinn des Tc8!)} 31. Rfe1 {besitzt Weiß ausreichende Kompensation.
Auf dem Spielniveau der beiden Protagonisten hat keiner mehr Gewinnchancen.
(Die Engine bestätigt dies mit einer 0,00-Bewertung.) Daher: Remis. Ein schöner
Angriff von Ivanchuk, der auf Grund der herausragenden Verteidigungsleistung
von Kramnik nicht ganz den Sieg erbrachte. Aber jedenfalls eine Partie, die
beiden Kämpfern zur Ehre gereicht, und außerdem ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass auch auf allerhöchster Ebene eine überlegene Stellung noch nicht automatisch gewonnen ist. In schwierigen Stellungen stecken eben häufig noch überraschende Verteidigungsmöglichkeiten - man muss sie 'nur' finden können!} ) 1/2-1/2
Oli1970 - 11. Mär '25
Schöne Partie zwischen Ivanchuk und Kramnik, die hat mir gut gefallen, der Kommentierung ist wie üblich gut zu folgen; sie lässt keine Fragen offen, obwohl sie kaum Varianten bringt - sie sind auch nicht nötig.

24.h5 geschah in Zeitnot, dass 24.Kh8 die Rettungsinsel für ein Remis sein soll, ist nicht gerade offensichtlich, wenn man nicht auf Kramniks Level spielt.

Er selbst kommentierte die Passage (übersetzt aus dem Russischen mit Google Translate):
Die Hauptfalle war die Variante 23.b4 Dxe5 24.bxa5 Dxd4! Mit dem König auf h8 gewinnt Weiß dank 25.Sxg6+ und Dxd4, und hier gibt es nach 25.Lxg6+ Txg6 26.Dxg6+ fxg6 27.Txd4 27...e5! (der Läufer nimmt dem Turm das Feld e4 weg) 28.Te1 exd4 29.Txe7+ Kg8, und ich stehe hier wahrscheinlich nicht schlechter.
Und im Fall von 23.Tfe1 wollte ich 23...La4 spielen , und der Turm hat kein geeignetes Feld, auf das er sich zurückziehen kann. Bei 24.Td2 „hole“ ich ihn mit 24...Sb3 ein.
Aber Vasya wurde offensichtlich nervös und ging in die falsche Richtung. Es ist schwierig, hier in Zeitnot zu spielen, auch für Weiß. Ehrlich gesagt war es nicht mein Ziel, gleich abzunehmen! Und 23.h4 ist natürlich Panik; Hier riss ich die Augen auf angesichts der vielen guten Züge. Vasya hatte noch etwa 6 Minuten für eine unbegrenzte Anzahl von Zügen übrig und sie spielten, ohne Zeit hinzuzufügen. Nun, ich habe es vorerst genommen – 23...Dxe5 24.h5 Kh8
Ich schließe nicht aus, dass ich noch viele andere gute Züge gemacht habe. Aber ich habe die im Spiel auftretende Variante bereits gesehen, sie berechnet und beschlossen, ruhiger zu spielen.


Definitiv eine spannende Remis-Partie, danke für die Kommentierung! Noch zwei Facts:
Das Tal Memorial 2009 hat Kramnik am Ende vor Ivanchuk und einem noch jungen Magnus Carlsen auf dem geteilten zweiten Platz gewonnen. Carlsen wurde seinerzeit von Kasparov trainiert und machte mit diesem Turnier seinen Anspruch auf die Nr. 1 der Weltrangliste geltend.
Vabanque - 12. Mär '25
@Oli1970: Vielen Dank für die Zusatz-Infos!👍

>>übersetzt aus dem Russischen mit Google Translate<<

Ja, das merkt man vor allem an einem Satz wie: 'Ehrlich gesagt war es nicht mein Ziel, gleich abzunehmen!'😁

Ich hatte ja drauf hingewiesen, dass 21. b4 schlecht ist und dann in den folgenden Zügen diese Möglichkeit (da der Sa5 kein Feld hat) auch immer im Auge zu behalten, aber b4 im 23. Zug war mir einfach zu kompliziert gewesen, um es in die Kommentare einzuschließen. Ich war nicht sicher, was danach passiert. Allerdings hatte ich auch eine ähnliche Vermutung wie in der Partie von Stefanova (Frauenweltmeisterinnen II), nämlich dass die Spieler vielleicht gar nicht mehr auf das Geschehen am Damenflügel geachtet hatten, nachdem die 'Musik' scheinbar nur noch am Königsflügel spielte. Wie man an Kramniks Kommentaren sieht, war das ein Fehlschluss von mir gewesen! Diese Spieler sind dermaßen stark, dass sie immer das ganze Brett im Auge behalten, nicht nur den Flügel, auf dem was zu passieren scheint.
Eine Variante, wie Kramnik sie hier nach 23. b4 angibt, hatte ich nicht mal im Ansatz gesehen und 23. als 'unklar' verbucht und deswegen auch nicht kommentiert.😐

Die 'wilde' Google-Übersetzung deute ich so, dass ohne Inkrement gespielt wurde. 6 Minuten für den Rest ist natürlich in einer derart komplizierten Stellung wie Blitzschach. Das erklärt dann wohl zum Teil auch die schnelle Remisvereinbarung am Ende (wo man schon noch ein paar Züge hätte spielen können).

Dass Kramnik nach 23. h4 schon den ganzen Rest der Partie sah, ist natürlich gigantisch.
Oli1970 - 12. Mär '25
Bei den Zeitkontrollen ist es schwer, den Überblick zu behalten, was wann galt. :-) Laut FIDE-Seite wurde das Turnier zunächst ohne Inkrement gespielt, es standen jedoch 120 Minuten für die ersten 40 Züge zur Verfügung (120/40, 60/20, 15 + 30"/ ab 61. Zug). Die Quelle zu Kramniks Kommentar ist übrigens chesspro.ru/_events/2009/memtal5.html - scheint eine gut aufbereitete Seite zu sein, leider ohne Sprachkenntnisse nicht so leicht zugänglich. Die Google-Übersetzung: chesspro-ru.translate.goog/_events/2009/memtal5.html?_x_tr_sl=..
Vabanque - 12. Mär '25
Dann hatte Ivanchuk also vor seinem 23. Zug nicht 6 Minuten für den ganzen Rest der Partie (wie die Google-Übersetzung nahe legt), sondern 6 Minuten bis zum 40. Zug, was in einer derart komplizierten Stellung natürlich trotzdem der absolute Horror ist (wovon jeder Turnierspieler ein Lied singen kann).