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Pfiffige Verwandlungen - César Muñoz Vicuña
Oli1970 - 16. Jan '21
César Muñoz Vicuña war ein ecuadorianischer Schachmeister, aber auch ein Amateur. 1960 gelang es ihm, Bobby Fischer zu besiegen. Drei Jahre vorher erwischte es Bent Larsen und in der nächsten Runde dieses Turnieres Fridrik Olafsson.
Vom Beginn entwickelt sich zunächst ein ruhiges, unaufgeregtes Spiel. Larsens hat seinen recht unbekannten Gegner vielleicht unterschätzt. Die Züge 17 - 19 sind jedenfalls keinesfalls als stark zu bewerten, sein Aufbau verschlechtert sich kontinuierlich. Munoz spielt beständig und konzentriert, vielleicht mit einer kleinen Schwäche in seinem 24. Zug. Larsen findet nicht ins Spiel zurück, es verkompliziert sich zusätzlich. So gibt es kein Rezept mehr, wenigstens ein Remis zu machen. Wir können ein sehenswertes Endspiel mit einem Bauernsturm erleben, dessen Höhepunkt eine Unterwandlung bietet, die ins Matt führt.































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Vom Beginn entwickelt sich zunächst ein ruhiges, unaufgeregtes Spiel. Larsens hat seinen recht unbekannten Gegner vielleicht unterschätzt. Die Züge 17 - 19 sind jedenfalls keinesfalls als stark zu bewerten, sein Aufbau verschlechtert sich kontinuierlich. Munoz spielt beständig und konzentriert, vielleicht mit einer kleinen Schwäche in seinem 24. Zug. Larsen findet nicht ins Spiel zurück, es verkompliziert sich zusätzlich. So gibt es kein Rezept mehr, wenigstens ein Remis zu machen. Wir können ein sehenswertes Endspiel mit einem Bauernsturm erleben, dessen Höhepunkt eine Unterwandlung bietet, die ins Matt führt.
Larsen, Bent Munoz, Cesar WchT U26 | Reykjavik ISL | 2 | 1957.07.11 | A39 | 0:1
8








7








6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. Sf3 Sf6 2. c4 Mit Retí ins Englische. c5 3. g3 g6 4. Lg2 Sc6 5. O-O Lg7 6. d4 xd4 7. Sxd4 O-O 8. Sc3 a6 soll verhindern, dass ein Springer auf b5 erscheint, ist aber zu diesem Zeitpunkt ein Tempoverlust. Als Vorbereitung von b7-b5 ebensowenig nützlich, da dann einfach c4-c5 geantwortet wird. Auf diesen Zug wäre c4-c5 die stärkste Fortsetzung, Larsen spielt jedoch 9. h3 und gibt das Tempo so zurück. d6 10. Le3 Ld7 11. c5 d5 12. Sb3 Dc7 13. Dc1 Tad8 14. Td1 Lc8 Macht dem Turm den Weg frei. Vorne gibt es für den Läufer keine Ziele. Der Rückzug lässt Munoz die Option, e6 zu spielen, denn 14... Lf5 nebst e6 und g3-g4 gäbe Weiß Vorteil. 15. Lf4 fordert e5 heraus. e5 16. Lg5 Se7 Ein sicherer Zug, der das Spiel ausgeglichen hält. 17. Sa4 soll den Springer nach b6 bringen. Die Frage ist, warum? Le6 18. Kh2?! Es ist kein Grund für diesen Zug ersichtlich - für eine Prävention gegen Lxh3 hätte der Läufer nicht erst auf e6 gestellt werden müssen. Warum die Absicht Sb6 hinauszögern? Tfe8 19. Sb6 Se4 Munoz hat seine Position verbessern können, weil Larsen mit dem 17., 18. und 19. Zug halbherzig spielte. Nun stehen beide Türme auf den mittleren Linien und der Springer greift Lg5 an. 20. Lxe4 xe4 21. Sd2? Larsens erster echter Fehler, jedenfalls in der Summe mit den zuvor gemachten eher schwachen Zügen. Der Angriff auf den Bauern e4 hätte mit Dc2 erfolgen müssen. f6 22. Le3 f5 23. Lg5 h6 Natürlich wird der Läufer sofort befragt. 24. Lxe7 Txe7 Munoz verfehlt das wesentlich stärkere Dxe7, was Larsens vorheriges Spiel etwas kompensiert. 25. Dc2 Tf8 Munoz wird seine Bauern vorschieben. 26. Sf1 f4 27. g4? verhindert f4xg3 f2xg3, wonach die f-Linie geöffnet wäre. e3 28. Td6 e4 29. Dxe4 Lf7 30. Dd3 xf2 31. Sd7?? Mit diesem Zug geht die Partie für Larsen verloren. Munoz lenkt sicher durch sein Endspiel. f3 32. Sg3? Soll das Umwandlungsfeld sowie e2 sichern, greift jedoch nochmal fehl. xe2 33. Sxf8 e1=Q 34. Td8 f1=N+ Mehrere Wege führen ins Matt - die Unterverwandlung ist der schnellste und wohl auch schönste. Larsen gab auf.
Alapin2 - 17. Jan '21
Sehr interessante und wilde Partie. Anscheinend typisch für Jugend-WM. Kann mich dunkel an eine Partie Jakobsen-Ljubojevic erinnern, die habe ich damals
nicht im Entferntesten verstanden (muss Anfang der 70-er gewesen sein, vielleicht mag die jemand ausgraben).
Spassky war 1953 Jugendweltmeister und sprang seine Gegner auch so scharf an.
nicht im Entferntesten verstanden (muss Anfang der 70-er gewesen sein, vielleicht mag die jemand ausgraben).
Spassky war 1953 Jugendweltmeister und sprang seine Gegner auch so scharf an.
Vabanque - 17. Jan '21
Das war diesmal doch eine sehr komplizierte Partie, die du da ausgegraben hast, SF Oli1970!
Es entspricht durchaus Larsens Stil (den ich nie ganz begriffen habe), so kompliziert zu spielen, in seinen guten Partien hat er damit natürlich das bessere Ende für sich, weil seine Gegner mit den hochkomplizierten Stellungen nicht zurechtkommen. Hier aber ging der Schuss nach hinten los.
Munoz war mir von einem Sieg gegen Fischer vage in Erinnerung. Ich hielt das aber für eine Eintagsfliege. Aber wenn dieser Munoz auch Larsen und Olafsson 'skalpiert' hat, warum ist er denn dann in der Schachgeschichte nicht bekannter?
Übrigens hätte ich im 21. wie auch im 27. Zug spontan genauso die als Fehlzüge gebrandmarkten Züge von Larsen gespielt, es erscheint einfach 'logischer', den e4-Bauern mit dem Springer anzugreifen (der dadurch gleichzeitig zum Schutz des Königsflügels herangeholt wird) bzw. im 27. Zug die Linienöffnung zu vermeiden. Jeder Spieler vom starken Amateur bis zum GM spielt nach diesen Prinzipien. Hier war es halt mal falsch, was man aber immer erst nach gespielter Partie erkennt. Und Larsen hat sich ja vorher bereits in eine 'komische' Situation manövriert. Aber wie gesagt, das gehört zu seinem Stil. Er manövrierte sich mit Absicht in solche Situationen hinein und auch wieder heraus. Ähnlich wie bei Lasker gibt es auch bei Larsen viele Beispiele, wo er objektiv verloren war, den hilflosen Gegner aber aus der verlorenen Stellung heraus in Grund und Boden gespielt hat. Hier geriet er mit Munoz offenbar an den Falschen. Munoz gelangt, was Larsens GM-Kollegen oft nicht schafften.
Das Situation nach dem 32. Zug von Schwarz, mit zwei schwarzen Freibauern auf der vorletzten Reihe, ist natürlich ein Bild für die Götter :-)
Und auch 2 schwarze Damen auf dem Brett sieht man nicht allzu oft.
Es entspricht durchaus Larsens Stil (den ich nie ganz begriffen habe), so kompliziert zu spielen, in seinen guten Partien hat er damit natürlich das bessere Ende für sich, weil seine Gegner mit den hochkomplizierten Stellungen nicht zurechtkommen. Hier aber ging der Schuss nach hinten los.
Munoz war mir von einem Sieg gegen Fischer vage in Erinnerung. Ich hielt das aber für eine Eintagsfliege. Aber wenn dieser Munoz auch Larsen und Olafsson 'skalpiert' hat, warum ist er denn dann in der Schachgeschichte nicht bekannter?
Übrigens hätte ich im 21. wie auch im 27. Zug spontan genauso die als Fehlzüge gebrandmarkten Züge von Larsen gespielt, es erscheint einfach 'logischer', den e4-Bauern mit dem Springer anzugreifen (der dadurch gleichzeitig zum Schutz des Königsflügels herangeholt wird) bzw. im 27. Zug die Linienöffnung zu vermeiden. Jeder Spieler vom starken Amateur bis zum GM spielt nach diesen Prinzipien. Hier war es halt mal falsch, was man aber immer erst nach gespielter Partie erkennt. Und Larsen hat sich ja vorher bereits in eine 'komische' Situation manövriert. Aber wie gesagt, das gehört zu seinem Stil. Er manövrierte sich mit Absicht in solche Situationen hinein und auch wieder heraus. Ähnlich wie bei Lasker gibt es auch bei Larsen viele Beispiele, wo er objektiv verloren war, den hilflosen Gegner aber aus der verlorenen Stellung heraus in Grund und Boden gespielt hat. Hier geriet er mit Munoz offenbar an den Falschen. Munoz gelangt, was Larsens GM-Kollegen oft nicht schafften.
Das Situation nach dem 32. Zug von Schwarz, mit zwei schwarzen Freibauern auf der vorletzten Reihe, ist natürlich ein Bild für die Götter :-)
Und auch 2 schwarze Damen auf dem Brett sieht man nicht allzu oft.
Oli1970 - 17. Jan '21
Könnte die Partie Jacobsen - Ljubojevic diese gewesen sein? chessgames.com/perl/chessgame?gid=1091215 Ich habe sie bisher nur oberflächlich durchgeklickt, sie scheint so gar keinem Muster zu folgen. Dafür war sie schnell vorüber. :-)
Natürlich ist es im Nachgang - und vor allen Dingen mit Hilfe einer Engine - immer einfach, fehlerhaftes Spiel nachzuweisen. Interessant zu wissen wäre, was andere Kommentatoren (oder Larsen selbst) zu den Zügen ausgeführt haben / hätten. Ich habe leider kein Material zu dem Spiel. Ziemlich sicher ist, dass es sich trotz des schönen Schlussbildes nicht in "Bent Larsen's Best Games of Chess" finden lassen wird. :-)
Ich denke, den 21. Zug muss man im Kontext zum Geschehen vorher betrachten, was einfach nicht sehr engagiert aussieht. Wenn man die Position nach Sb6 betrachtet, fragt man sich schon, für was der Gaul da rumsteht. Der 27. Zug ist eher tragisch einzuordnen, da das Spiel durch Munoz schwachen 24. Zug fast ausgeglichen war; zunächst sieht er nicht schlecht aus und Td6 ist zumindest für mein Spielniveau keine naheliegende Alternative. In der Summe hat Munoz diese Partie sicherlich verdient gewonnen, ob er den Erfolg zu einem anderen Zeitpunkt hätte wiederholen können, bleibt eine offene Frage. Munoz war Schachamateur, hauptberuflicher Ingenieur und irgendwann Präsident des ecuadorianischen Sportverbandes, ohne dass er sich in der Funktion als Schachförderer verdient gemacht hätte. Ich finde nicht viel über ihn, einordnen würde ich ihn als überdurchschnittlich guten Spieler, für den es als Profi in der Weltspitze nicht gereicht hätte. Chessgames verzeichnet ganze elf seiner Spiele. Vielleicht war Fußball in seiner Heimat populärer.
Natürlich ist es im Nachgang - und vor allen Dingen mit Hilfe einer Engine - immer einfach, fehlerhaftes Spiel nachzuweisen. Interessant zu wissen wäre, was andere Kommentatoren (oder Larsen selbst) zu den Zügen ausgeführt haben / hätten. Ich habe leider kein Material zu dem Spiel. Ziemlich sicher ist, dass es sich trotz des schönen Schlussbildes nicht in "Bent Larsen's Best Games of Chess" finden lassen wird. :-)
Ich denke, den 21. Zug muss man im Kontext zum Geschehen vorher betrachten, was einfach nicht sehr engagiert aussieht. Wenn man die Position nach Sb6 betrachtet, fragt man sich schon, für was der Gaul da rumsteht. Der 27. Zug ist eher tragisch einzuordnen, da das Spiel durch Munoz schwachen 24. Zug fast ausgeglichen war; zunächst sieht er nicht schlecht aus und Td6 ist zumindest für mein Spielniveau keine naheliegende Alternative. In der Summe hat Munoz diese Partie sicherlich verdient gewonnen, ob er den Erfolg zu einem anderen Zeitpunkt hätte wiederholen können, bleibt eine offene Frage. Munoz war Schachamateur, hauptberuflicher Ingenieur und irgendwann Präsident des ecuadorianischen Sportverbandes, ohne dass er sich in der Funktion als Schachförderer verdient gemacht hätte. Ich finde nicht viel über ihn, einordnen würde ich ihn als überdurchschnittlich guten Spieler, für den es als Profi in der Weltspitze nicht gereicht hätte. Chessgames verzeichnet ganze elf seiner Spiele. Vielleicht war Fußball in seiner Heimat populärer.
Vabanque - 17. Jan '21
>>Chessgames verzeichnet ganze elf seiner Spiele.<<
Ja, ich sehe es jetzt:
chessgames.com/perl/chessplayer?pid=89567
Gegen Polugajewski verlor er zwar, Polu brauchte aber ganze 78 Züge zum Sieg, Unzicker brauchte 56 Züge, um gegen Munoz zu gewinnen.
Schade finde ich es in solchen Fällen immer, dass weder Larsen noch Olafsson noch Fischer jemals eine Gelegenheit zur Revanche bekamen. Munoz hielt Zeit seines Lebens 100% gegen diese drei Größen. Das soll ihm mal einer nachmachen.
Der Sieg gegen Fischer ist vielleicht sogar noch beeindruckender als die von dir hier gezeigte Partie gegen Larsen:
chessgames.com/perl/chessgame?gid=1044124
Fischer geht hier (ebenfalls wie Larsen mit Weiß!) komplett chancenlos unter, wie eigentlich sonst fast nie.
>>Interessant zu wissen wäre, was andere Kommentatoren (oder Larsen selbst) zu den Zügen ausgeführt haben / hätten. Ich habe leider kein Material zu dem Spiel.<<
Ja, ich stütze mich bei meinen Kommentaren auch gerne auf bereits vorhandene (oder vergleiche hinterher mit solchen), natürlich sind Kommentare der Spieler selbst in dieser Hinsicht immer besonders aufschlussreich.
Nein, die Partie findet sich natürlich nicht in Larsens Buch, aber Larsens Kommentare finde ich generell zumindest für mich nie besonders erhellend, sie sind auch meist zu polemisch.
Ja, ich sehe es jetzt:
chessgames.com/perl/chessplayer?pid=89567
Gegen Polugajewski verlor er zwar, Polu brauchte aber ganze 78 Züge zum Sieg, Unzicker brauchte 56 Züge, um gegen Munoz zu gewinnen.
Schade finde ich es in solchen Fällen immer, dass weder Larsen noch Olafsson noch Fischer jemals eine Gelegenheit zur Revanche bekamen. Munoz hielt Zeit seines Lebens 100% gegen diese drei Größen. Das soll ihm mal einer nachmachen.
Der Sieg gegen Fischer ist vielleicht sogar noch beeindruckender als die von dir hier gezeigte Partie gegen Larsen:
chessgames.com/perl/chessgame?gid=1044124
Fischer geht hier (ebenfalls wie Larsen mit Weiß!) komplett chancenlos unter, wie eigentlich sonst fast nie.
>>Interessant zu wissen wäre, was andere Kommentatoren (oder Larsen selbst) zu den Zügen ausgeführt haben / hätten. Ich habe leider kein Material zu dem Spiel.<<
Ja, ich stütze mich bei meinen Kommentaren auch gerne auf bereits vorhandene (oder vergleiche hinterher mit solchen), natürlich sind Kommentare der Spieler selbst in dieser Hinsicht immer besonders aufschlussreich.
Nein, die Partie findet sich natürlich nicht in Larsens Buch, aber Larsens Kommentare finde ich generell zumindest für mich nie besonders erhellend, sie sind auch meist zu polemisch.
Alapin2 - 17. Jan '21
Oli :Danke für das Recherchieren von Jacobsen-Ljubo. Genau das ist die Partie, die ich meinte. Wohl keine WM, muss aber ein Juniorenturnier gewesen sein. Versteht jemand die ersten 15 Züge? Ich heute noch nicht!
Oli1970 - 18. Jan '21
Nein, Alapin, die Züge verstehe ich auf den ersten Blick auch nicht. Das sieht ziemlich wüst aus, macht mich aber neugierig auf eine Engine-Analyse.
Die Fischer-Partie gegen Munoz ist beeindruckend und gewiss lehrreicher als die obige. Diese habe ich ausgewählt wegen des Schlusses. Ich habe einige Partien vorbereitet für kommende Wochen, es sollte für jeden Geschmack was dabei sein. Naja, die Positionspartie Bernstein - Kotov hat wenigstens mir gefallen. :-)
Die Fischer-Partie gegen Munoz ist beeindruckend und gewiss lehrreicher als die obige. Diese habe ich ausgewählt wegen des Schlusses. Ich habe einige Partien vorbereitet für kommende Wochen, es sollte für jeden Geschmack was dabei sein. Naja, die Positionspartie Bernstein - Kotov hat wenigstens mir gefallen. :-)