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Euwe-Maroczy 1921
Vabanque - 07. Jul '21
Ich möchte noch eine weitere Partie von Euwe bringen, diesmal eine aus seiner Frühzeit, aus der hauptsächlich seine Verlustpartien gegen Réti bekannt sind (dem er zu diesem Zeitpunkt wohl noch gewachsen war). Hier jedoch sehen wir, wie er einen so gewaltigen Gegner wie Maroczy durch eine schier nicht abreißende Folge von Keulenschlägen in die Knie zwingt. Maroczy muss sich in dieser Partie wie ein Punchingball gefühlt haben ...
In den Anmerkungen habe ich mich (wie immer) bemüht, nur die nötigsten Varianten anzugeben und diese so kurz wie möglich zu halten, dafür aber die Züge ausführlich verbal zu erklären. An einer theoretischen Durchleuchtung des komplizierten und sehr scharfen Eröffnungssystems (MacCutcheon Französisch) war mir nicht gelegen. Dies würde hier zu weit führen.































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In den Anmerkungen habe ich mich (wie immer) bemüht, nur die nötigsten Varianten anzugeben und diese so kurz wie möglich zu halten, dafür aber die Züge ausführlich verbal zu erklären. An einer theoretischen Durchleuchtung des komplizierten und sehr scharfen Eröffnungssystems (MacCutcheon Französisch) war mir nicht gelegen. Dies würde hier zu weit führen.
Max Euwe Geza Maroczy Bad Aussee AUT | 6 | 1921.08.?? | C12 | 1:0
8








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6
5
4
3
2








a
1

b

c

d

e

f

g

h

1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sc3 Sf6 4. Lg5 Lb4 Die scharfe MacCutcheon-Variante, die Fesselung mit Gegenfesselung beantwortet und zum Zeitpunkt der Partie, also vor ca. 100 Jahren, sehr in Mode war. Sie wird aber auch heute noch gespielt. 5. e5 h6 Erzwungen. 6. Ld2 Damals wie heute die hauptsächlich gespielte Erwiderung, obwohl auch die Rückzüge nach e3 und c1 gut sind. Dass sich mit exf6, Lh4 oder gar Lxf6 für Weiß nicht viel erreichen lässt, hatte sich bereits seinerzeit herausgestellt. Lxc3 7. xc3 Der Doppelbauer ist hier gut, weil er das weiße Zentrum, insbesondere den Bauern d4 stärkt. Se4 8. Dg4 g6
Es wurde auch vielfach versucht, mit Kf8 eine Schwächung der schwarzen Felder am Königsflügel zu vermeiden. Das Spiel setzt sich dann ähnlich wie in der Partie fort. Weiß wird mit h4 (nebst ggf. Th3 und Tf3) und Ld3 angreifen, Schwarz wird mit c5 nebst ggf. Da5 versuchen, am geschwächten weißen Damenflügel zu Gegenspiel zu kommen. Der Vorteil von Kf8 ist allerdings, dass es nicht wie in der Partie zu einem Opfer auf g6 kommen kann. Trotzdem ist nicht klar, welcher Fortsetzung der Vorzug zu geben ist. Aber das sollen - wenn überhaupt - sowieso die Theoretiker klären.
9. h4 Weniger um h5 zu spielen (was freilich auch mal zur Debatte stehen könnte), als vielmehr, um den Th1 schnell über h3 und f3 am Angriff teilnehmen zu lassen. Nebenbei verhindert der Zug auch noch einen Damentausch nach Sxd2 und Dg5+, der auf 9. Ld3 erfolgen könnte. (Ob dieser Damentausch bei dem typisch 'französischen' schlechten weißfeldrigem Läufer c8 für Schwarz allerdings wirklich erstrebenswert wäre, steht natürlich auf einem anderen Blatt.) c5 10. Ld3 Sxd2 11. Kxd2 Da5 Fesselt den c-Bauern und droht damit cxd4, wonach Weiß mit der Dame wiedernehmen müsste. 12. Th3!? Euwe ignoriert die schwarze Drohung. Auch wenn die Korrektheit dieses Vorgehens nicht völlig sicher ist, die praktischen Chancen liegen eindeutig bei Weiß. Euwe hat mit diesem Vorgehen seinerzeit mehrere bemerkenswerte Partien gewonnen, unter anderem auch gegen Bogoljubow. xd4 13. Lxg6! Dieses Opfer kann nicht angenommen werden. Aber so klar ist die Lage nicht. Dc7?! Schwarz sollte, wie sich gleich zeigen wird, vorher dxc3+ einschalten. Tadeln kann man Maroczy für seine (zwar objektiv falsche) Entscheidung aber nicht: am Brett waren in dieser hochkomplizierten Stellung die Folgen kaum zu berechnen. Mit dem Textzug droht Schwarz auf g6 zu nehmen, weil die Dame anschließend auf f7 dazwischen ziehen könnte. Nach xg6?? 14. Dxg6+ würde Weiß, egal wohin der schwarze König jetzt geht, immer im nächsten Zug mit einem Damenschach den Th8 gewinnen, außer bei Kf8 15. Tf3+ , was sogar zum Matt führt.
Und Tg8?? , um das Opfer durch die Fesselung scheinbar zu widerlegen, geht auch überhaupt nicht: 14. Lxf7+ Kxf7 15. Tf3+ . An diesen Varianten erkennt man die Stärke der Turmentwicklung über h3!
Das kritische Abspiel, wonach Weiß die Korrektheit seines Opferspiels erweisen muss, ist allerdings xc3+ 14. Ke1 (die Frage ist, ob dies oder Kd1 besser ist, aber das sollen die Analytiker klären) Tf8 (oder jetzt auch Dc7, was Dxe5+ droht) 15. Tf3 (droht Lxf7+) Dc5 und fürs erste ist mal alles gedeckt. Schwarz gewinnt sogar ein Tempo durch die Drohung, den Lg6 jetzt zu schlagen. Kommt er in der weiteren Folge zu Sc6, Ld7 und O-O-O, wird er sein Spiel konsolidieren können. Weiß wird allerdings ggf. auf der halboffenen b-Linie weitere Angriffsversuche starten. Seinen Minusbauern könnte er evtl. auf c3 zurückgewinnen, auch der schwarze Bh6 ist schwach. Würde Weiß diesen Bauern erobern, wäre sein h-Bauer frei und ein Trumpf. Andererseits könnte auch der Be5 wackeln. Es ist jedenfalls schwierig, die beiderseitigen Chancen zu beurteilen.
14. Tf3 Hätte Schwarz vorhin dxc3+ eingeschaltet und der weiße König wäre nach e1 gegangen, wäre dieser starke Zug jetzt wegen Dxe5+ nicht möglich. Jetzt dagegen würde Weiß auf dxc3+ natürlich mit dem König nach d1 ausweichen. Tg8 Wohl noch am besten. Auf den ersten Blick sieht diese Fesselung des Lg6 sogar wie eine Widerlegung von Tf3 aus. Vermutlich hatte sich Maroczy auf diesen Zug verlassen, als er Dc7 zog. 15. Txf7! Euwe lässt den Einschlag auf c3 mit Schach und Bedrohung des Ta1 zu. Er muss es allerdings auch; alle anderen Züge verlieren für Weiß. Daraus folgt, dass Weiß schon bei 14. Tf3 die ganze weitere Folge berechnet haben muss. Andernfalls hätte er 14. Lh5 spielen müssen (was ebenfalls gut gewesen wäre, nur hätte die Partie dann wahrscheinlich nicht den Weg in die Kommentierten Spiele gefunden). Dxc3+ 16. Ke2 Sonst nimmt Schwarz den Ta1 mit Schach. d3+! Noch am besten. Der schwarzen Dame wird ein Rückweg nach e5 geschaffen. 17. xd3 Dxe5+ 18. Kf3 Schwarz hat nun kein Schach mehr und der Tf7 droht diverse Abzüge, vor allem Tf5+ mit Damengewinn. Tf8? Sieht an sich nicht schlecht aus, da es wegen der Fesselung des Tf7 scheinbar zum Abtausch kommt. Aber der Zug führt endgültig zum Verlust. Obwohl f6 jetzt gedeckt ist, geht Dxa1? immer noch nicht: 19. Tg7+ Kf8 20. Df4+ und Matt in weiteren 2 Zügen.
Schwarz hatte aber auch hier noch eine versteckte Rettungschance zur Verfügung. Am besten und zugleich eine raffinierte Falle wäre Sc6! gewesen, was die Dame indirekt deckt. Erobert Weiß nämlich mit Tf5+ die De5, so gewinnt Schwarz mit der Springergabel Sxe5+ die Dame zurück und siegt mit seinem zusätzlichen Material. Weiß spielt natürlich besser 19. Se2 (Schwarz kann den Ta1 ja immer noch nicht nehmen)
19. Tf5+ Gewinnt nicht die Dame, da der Turm auf diesem Feld genauso gefesselt ist, aber ... Kd7 20. Txf8 Dxa1 Materiell steht es gleich, positionell ist aber Schwarz mit seinem Entwicklungsrückstand, seiner abseits stehenden Dame und seinem unsicheren König in einer aussichtslosen Lage. 21. Tf7+ Kd8 22. Db4 Die Dame droht jetzt Matt auf e7 und f8. Sd7 23. Dd6 Droht Tf8# Dh8 Die einzige Verteidigung ist diese klägliche Rückkehr in heimische Gefilde. 24. Se2 Holt die letzte Figur heran. Sf4 oder Sd4 würde wegen der Drohung auf e6 nun den sofortigen Tod für Schwarz bedeuten. e5 25. Sf4! Trotzdem! xf4 26. Lf5 De8 Die einzige Deckung von d7. 27. Lxd7 Lxd7 28. Tf8 Auch so ist die Dame verloren, und Maroczy streckte die Waffen. Von Euwe voller Energie gespielt. oder 19. g3 , was dem weißen König das Feld g2 gibt. Es wird aber jeweils schwer sein, einen Gewinn für Weiß nachzuweisen.
Alapin2 - 07. Jul '21
Mal wieder von Vabanque gut ausgesucht und kommentiert!
Solche "Sturmsiege" kommen (kamen) in der Mac Cutcheon - Variante immer wieder vor. M. E. nur spielbar, wenn man Lust hat, die komplette und neueste Theorie auswendig parat zu haben! Wem sowas Spaß macht!??
Solche "Sturmsiege" kommen (kamen) in der Mac Cutcheon - Variante immer wieder vor. M. E. nur spielbar, wenn man Lust hat, die komplette und neueste Theorie auswendig parat zu haben! Wem sowas Spaß macht!??
Vabanque - 07. Jul '21
Naja, damals (vor ziemlich genau 100 Jahren) war das vielleicht noch nicht so wichtig, die Theorie genau zu kennen ... heute schon. Euwe hat jedenfalls diese Variante damals öfters gespielt und noch mehr schöne Siege damit erzielt. Dieser hier gefiel mir jedoch am besten.
Alapin2 - 07. Jul '21
... Das meinte ich doch :Mac Cutcheon mit Schwarz ist nur was für "echte" Kenner!
Oli1970 - 07. Jul '21
Wunderbare Angriffspartie von Dr. Euwe, hat mir sehr gut gefallen! Bemerkenswert, wie ein junger Euwe den Altmeister Maróczy in den Schraubstock nimmt.
Géza Maróczy wurde später Trainer von Euwe und auch von Vera Menchik, war auch 1936 Euwes Sekundant gegen Aljechin. 1921 hatte er seinen Zenit wahrscheinlich schon überschritten, trotzdem spielte er noch auf Augenhöhe mit. Bemerkenswert - auch wegen der Parallele, dass sowohl Euwe als auch Maróczy gleichermaßen unterschätzt bzw. „vergessen“ sind.
Die Partie werde ich mir sicher am Wochenende noch tiefer ansehen, dank der Kommentierung und der Vielzahl an Varianten blieben zumindest in der heutigen Mittagspause keine offenen Fragen. :-) Tolles Ding, danke fürs Zeigen!
Géza Maróczy wurde später Trainer von Euwe und auch von Vera Menchik, war auch 1936 Euwes Sekundant gegen Aljechin. 1921 hatte er seinen Zenit wahrscheinlich schon überschritten, trotzdem spielte er noch auf Augenhöhe mit. Bemerkenswert - auch wegen der Parallele, dass sowohl Euwe als auch Maróczy gleichermaßen unterschätzt bzw. „vergessen“ sind.
Die Partie werde ich mir sicher am Wochenende noch tiefer ansehen, dank der Kommentierung und der Vielzahl an Varianten blieben zumindest in der heutigen Mittagspause keine offenen Fragen. :-) Tolles Ding, danke fürs Zeigen!
Phantom - 23. Jul '21
Schöne Partie, sehr schön kommentiert. Kompliment. Wußte noch gar nicht das man mit Französisch gewinnen kann :-). Geschweige denn Angiffspartien..., Th3- Tf3 Manöver! , muß ich mir merken!
Auch Schwarz hätte ja Gegenspiel gehabt, wenn nur Euwe nicht so überragend aufzog.
Danke
Auch Schwarz hätte ja Gegenspiel gehabt, wenn nur Euwe nicht so überragend aufzog.
Danke
Vabanque - 23. Jul '21
Hallo Phantom, danke für dein Interesse! Du meinst wohl, dass man GEGEN Französisch gewinnen kann? Mit Französisch kann man es auch, wie Uhlmann, Kortschnoj und Botwinnik des Öfteren bewiesen, und nicht nur diese Leute ;-)
Alapin2 - 23. Jul '21
... die haben aber auch nicht "Mac Cutcheon" gespielt...
Vabanque - 23. Jul '21
Morozevich spielte Mac Cutcheon mit Erfolg, wenn meine Erinnerung korrekt ist.
Alapin2 - 24. Jul '21
Habe in meiner "Sammlung" nur 1 MC-Partie von Moro :Verlust gegen Short von 1998.
Wollte die Hauptvariante mit folgender Zugumstellung mal spielen :
1) e4 e6 2) d4 d5 3) Sc3 Sf6 4) Lg5. Le7 5) e5 Se4 6) Le7: Sc3: 7) Dg4 Ke7:!?
.... De7: ist leider remis!.. 8) bc3: Kf8 und wir haben praktisch den Big Mac Cutcheon.
Wollte die Hauptvariante mit folgender Zugumstellung mal spielen :
1) e4 e6 2) d4 d5 3) Sc3 Sf6 4) Lg5. Le7 5) e5 Se4 6) Le7: Sc3: 7) Dg4 Ke7:!?
.... De7: ist leider remis!.. 8) bc3: Kf8 und wir haben praktisch den Big Mac Cutcheon.
Vabanque - 24. Jul '21
Vabanque - 24. Jul '21
Vabanque - 24. Jul '21
Vabanque - 24. Jul '21
Vabanque - 24. Jul '21
Ok, hier endlich ein Schwarzsieg von Moro, allerdings gegen einem mir jetzt nicht so geläufigen Gegner, und überdies in einer Seitenvariante:
chessgames.com/perl/chessgame?gid=1570217
chessgames.com/perl/chessgame?gid=1570217
Vabanque - 24. Jul '21
Das sind jetzt bloß ein paar Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, die ich auf die Schnelle finden konnte; am häufigsten scheint Nepo diese Variante mit Schwarz gespielt zu haben. Aber auch Hübner spielte sie gelegentlich.
Alapin2 - 25. Jul '21
Vabanque : Habe mir endlich mal die o. a. Partien angeschaut.
Ich bleibe dabei : Für uns Amateure ist die Variante gegen starke Gegner, gar direkt am Brett, sehr gewagt. Die "kritischen" Varianten kamen in den Beispielpartien leider nicht vor.
Ich bleibe dabei : Für uns Amateure ist die Variante gegen starke Gegner, gar direkt am Brett, sehr gewagt. Die "kritischen" Varianten kamen in den Beispielpartien leider nicht vor.
Vabanque - 25. Jul '21
Hab mir die Partien leider nur flüchtig angesehen. Es ging mir mehr darum aufzuzeigen, dass die Eröffnung auch heute noch spielbar ist, und das auch auf sehr hohem Niveau.